Einstimmung
Wir beginnen diesen Gottesdienst im Namen des Lebensschöpfers,
der uns immer aufs Neue Leben schenkt.
Wir beginnen diesen Gottesdienst im Namen der Menschlichkeit,
die uns Jesus vorlebte.
Wir beginnen diesen Gottesdienst im Namen der göttlichen Bewegung,
die Pfingsten heißt.
Wir lassen uns auf Gottes Geistesgegenwart ein
und wagen uns in die göttliche Dynamik:
Wir hoffen auf die Veränderung unseres Lebens.
Wir sind nicht die Dogmatiker einer neuen Geisteslehre
sondern freuen uns auf geistvolle Entdeckungen.
Wir hoffen auf Geistesblitze.
Wir feiern die Freude. Wir feiern die Geistes-Gegenwart.
Wir erwarten, dass Pfingsten auch heute noch möglich ist
Wir erwarten, dass Pfingsten auch heute noch möglich ist
und die Sprachlosen miteinander ins Gespräch kommen.
Dreifach sagen wir es und einfach nehmen wir es: Wir feiern diesen Gottesdienst
im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.
Apostelgeschichte 2,37-47
37 Die Zuhörer waren von
dem, was Petrus sagte, bis ins Innerste getroffen. »Was sollen wir jetzt tun,
liebe Brüder?«, fragten sie ihn und die anderen Apostel. 38 »Kehrt
um«, erwiderte Petrus, »und jeder von euch lasse sich auf den Namen von Jesus
Christus taufen! Dann wird Gott euch eure Sünden vergeben, und ihr werdet seine
Gabe, den Heiligen Geist, bekommen. 39 Denn diese Zusage gilt euch
und euren Nachkommen und darüber hinaus allen Menschen auch in den
entferntesten Ländern – allen, die der Herr, unser Gott, zu seiner Gemeinde
rufen wird.« 40 Mit diesen und noch vielen anderen Worten bezeugte
Petrus ihnen das Evangelium; eindringlich ermahnte er sie: »Diese Generation
ist auf dem Weg ins Verderben! Lasst euch retten vor dem Gericht, das über sie
hereinbrechen wird! «
41 Viele nahmen die Botschaft an, die Petrus
ihnen verkündete, und ließen sich taufen. Durch Gottes Wirken wuchs die
Gemeinde an diesem Tag um etwa dreitausend Personen.
42 Was das Leben der Christen prägte, waren die Lehre, in
der die Apostel sie unterwiesen, ihr Zusammenhalt in gegenseitiger Liebe und
Hilfsbereitschaft, das Mahl des Herrn und das Gebet. 43 Jedermann
in Jerusalem war von einer tiefen Ehrfurcht vor Gott ergriffen, und durch die
Apostel geschahen zahlreiche Wunder und viele außergewöhnliche Dinge. 44 Alle, die an Jesus glaubten, hielten fest
zusammen und teilten alles miteinander, was sie besaßen. 45 Sie
verkauften sogar Grundstücke und sonstigen Besitz und verteilten den Erlös
entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen an alle, die in Not waren.
46 Einmütig
und mit großer Treue kamen sie Tag für Tag im Tempel zusammen. Außerdem trafen
sie sich täglich in ihren Häusern, um miteinander zu essen und das Mahl des
Herrn zu feiern, und ihre Zusammenkünfte waren von überschwänglicher Freude und
aufrichtiger Herzlichkeit geprägt.
47 Sie priesen Gott bei
allem, was sie taten, und standen beim ganzen Volk in hohem Ansehen. Und jeden
Tag rettete der Herr weitere Menschen, so dass die Gemeinde immer größer wurde.
(Neue Genfer
Übersetzung, Fettschreibung von mir)
1.
Pfingsten – ein neues Verstehen
Der
Durchbruch des göttlichen Geistes in der Pfingstgeschichte (Apg 2,1-13) ist ein
unfassbares Wunder. Unfassbar deshalb, weil uns erzählt wird, dass Menschen,
die sich vorher nicht kannten und aus allen Teilen der Welt kamen, an diesem
Tag das große Verstehen erlebten.
Am
jüdischen Pfingstfest waren die Anhänger Jesu beisammen. Da geschah ganz
plötzlich ein Brausen vom Himmel, wie ein gewaltiger Wind. Er erfüllte das
ganze Haus in dem sie saßen. Und sie wurden alle voll des heiligen Geistes und
fingen an, in anderer Sprache, in Zungen zu reden. Sie drückten das aus, was
der Geist ihnen eingab, auszusprechen …Da nun diese brausende Stimme geschah,
kamen andere dazu und wurden bestürzt, weil ein jeder sich in seiner eigenen
Sprache reden hörte. Wie können einfache Männer aus Galiläa plötzlich in vielen
Sprachen gleichzeitig reden?
Wie
ist es möglich, dass sich diese Leute untereinander verstanden? Kamen sie doch
aus Medien und Persien, aus Elam, ja aus dem Zweistromland, aus Kappadozien,
dem Schwarzen Meer, Vorderasien, Phrygien, Pamphylien, Ägypten, Kreta, Libyen
und dem übrigen Maghreb, ja insgesamt aus der arabischen Welt und noch dazu
Ausländer aus Rom – Menschen unterschiedlicher Rassen und Glaubens.
Wie
ist das möglich? Aber es gibt sofort die Zweifler und Spötter: Man kann solches
umfassendes Verstehen auch anders deuten. Da sind Menschen, die sind am Morgen
schon voll vom süßen Wein betrunken. Diese Lallenden umarmen sich und feiern
Verbrüderung, solange der Alkohol anhält ...
Der
Alkoholspiegel wäre also ein Art chemisches Pfingsten. Und es gibt nicht
wenige, die die Entdeckung einer anderen, besseren Wirklichkeit meinen, durch
Drogen zu erreichen.
Aber
an diesem Pfingsttage wird Geschichte mit nüchternem und wachem Geist neu
geschrieben:
Beim
Turmbau zu Babel (Gen 11, 1–8)
führte der Hochmut und die Arroganz, alles immer höher, größer und besser zu
machen, zur Verwirrung, zur Sprachenverwirrung. Sie führt zu einem menschlichen
Durcheinander. Keiner versteht mehr den anderen. Das ist eben nicht nur ein
Übersetzungsproblem. Pfingsten setzt hier ein Signal. Diese Verwirrung hat ein
Ende. Gott schreibt ein neues Kapitel
seiner Heilsgeschichte. Davon erzählen die Jünger den Menschen um sie
herum.
Mit
Jesus kommt dieser göttliche Geist in die Welt.
2. Über 2000 Jahre die Chance des Geistes
Wer
sich so hat ansprechen lassen und vom Geist hat bewegen lassen, der bleibt an
dieser Sache dran. 3000 sollen es damals gewesen sein. So hören wir es in
unserem Abschnitt. Diese vielen lassen sich taufen, aber mehr noch: „Sie
bleiben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im
Brotbrechen und im Gebet“ (S. 42).
Wie
sieht das mit uns heute im Jahre 2016 als Kirche Jesu Christi aus?
Was
haben wir in 2000 Jahren mit diesem Geist-Angebot gemacht?
Sind
wir noch Geist-Bewegte?
3. Die Versteinerung des GeistgeschehensWenn wir die Kirchengeschichte anschauen, müssen wir bekennen, dass der Glaube sehr bald zur Lehre mit Glaubenssätzen wurde. Aus dieser Lehre wurde oft eine Dogmatik. Sie macht aus der Geistbewegung eine Trinitäts-Lehre: Gott, der Schöpfer für das gesamte Universum, Gott der Sohn für die menschliche Seite und dann noch irgendwie der Heilige Geist, der sich theologisch einfach nicht einfangen lassen wollte. Das ist sicher klug gedacht und hat Theologen-Generationen aufs Heftigste beschäftigt. Nicht selten entstand daraus in der Kirche spirituelle Unbeweglichkeit. Und angesichts von neuen spirituellen Bewegungen und Veränderungen der herkömmlichen theologischen Anschauungen kommt Angst auf. Martin Luther selbst ist in diese Gefahr geraten, als er sich in aller Schärfe gegen Thomas Müntzer und gegen die Bauernaufstände wendete. Er verstand nicht, dass das Evangelium auch soziale Auswirkungen gerade für die Unterdrückten und Ausgebeuteten haben muss.
3. Die Versteinerung des GeistgeschehensWenn wir die Kirchengeschichte anschauen, müssen wir bekennen, dass der Glaube sehr bald zur Lehre mit Glaubenssätzen wurde. Aus dieser Lehre wurde oft eine Dogmatik. Sie macht aus der Geistbewegung eine Trinitäts-Lehre: Gott, der Schöpfer für das gesamte Universum, Gott der Sohn für die menschliche Seite und dann noch irgendwie der Heilige Geist, der sich theologisch einfach nicht einfangen lassen wollte. Das ist sicher klug gedacht und hat Theologen-Generationen aufs Heftigste beschäftigt. Nicht selten entstand daraus in der Kirche spirituelle Unbeweglichkeit. Und angesichts von neuen spirituellen Bewegungen und Veränderungen der herkömmlichen theologischen Anschauungen kommt Angst auf. Martin Luther selbst ist in diese Gefahr geraten, als er sich in aller Schärfe gegen Thomas Müntzer und gegen die Bauernaufstände wendete. Er verstand nicht, dass das Evangelium auch soziale Auswirkungen gerade für die Unterdrückten und Ausgebeuteten haben muss.
4. Startgeld des Geistes
Machen wir uns klar:
Mit Jesus kommt ein neuer Geist in die Welt. Es ist der Geist, von dem schon
das Johannes-Evangelium spricht: „Wenn aber jener Geist der Wahrheit als
Tröster und Beistand kommen wird, der wird euch in alle Wahrheit leiten“ (Joh
16,7-13). Das bedeutet nicht nur eine neue Sichtweise, sondern eine Veränderung
der Wirklichkeit.
Wer
dem Geist Jesu zutraut, dass er die Welt verändern kann, für den verändert sich
die Welt nicht nur innerlich, nicht nur für die Seele. Die Erfahrung von
Pfingsten hat innere Wirkungen, so dass wir uns in einem neuen Lichte sehen, im
Lichte des lebendigen Christus. Das aber bedeutet nicht nur eine neue
Sichtweise, sondern eine Veränderung der Wirklichkeit.
Erinnern
wir uns: Wir Christen kommen von Ostern her. Mit der Auferstehung Jesu gibt es
eine neue Qualität und Wirklichkeit des Lebens. Im Symbol der Taufe erinnern wir uns daran: Uns wird neues Leben
geschenkt. Die Christen der Alten Kirche haben darum bewusst am Osterfest die
menschen getauft. Die Wassertaufe ist nämlich
zugleich auch eine Geisttaufe, die Zusage der göttlichen Gegenwart, der
Beginn einer neuen Wirklichkeit. In ihr wird uns zugleich dieser neue Geist
geschenkt. Die Taufe ist gewissermaßen
das Startgelt des Geistes: Dieser Geist bringt uns in Bewegung, er fordert
uns heraus. Das bedeutet, dass wir uns von der Hektik unserer Zeit, dem
Immer-Schneller, Immer-Höher, Immer-Besser, dem Immer-Erreichbarsein lösen
können. Die tägliche Stille der Meditation und des Gebets wird gewissermaßen
zur Oase unseres Alltags und gibt
uns neue Kraft und Kreativität, eben Geistes-Gegenwart. Und diese Erfahrung von
Pfingsten hat auch erhebliche Wirkungen nach außen.
5. Geistes-Gegenwart [heute]
Von
den Wirkungen dieses Geistes erzählt uns die Pfingstgeschichte. Diese sind ganz
praktisch:
- Miteinander teilen. Machen wir uns klar, dass die ersten Christen eine Art Ur-Kommunismus leben. Sie teilten alles miteinander und verzichteten sogar auf persönlichen Besitz!
- V. 45: Sie verkauften sogar Grundstücke, Immobilien und sonstigen Besitz und verteilten den Erlös entsprechend den Bedürfnissen an alle, die in Not waren. Angesichts der drängenden Flüchtlingsnöte heute haben wir hier noch viele, noch gar nicht wahrgenommene Möglichkeiten!
- Der tägliche Gottesdienst war den ersten Christen ein Anliegen. Heute werden manchmal sogar Gottesdienste eingespart. An Pfingstmontag geht kaum noch einer in die Kirche. Und wer unter der Woche sich tatsächlich einmal in aller Stille oder zum Gebet in die Kirche begeben will, steht oft verschlossenen Türen –als hätte Gott nur sonntags von 10-11 Uhr Dienst !
- Neben dem Gottesdienst ist die Gemeinschaft ganz wichtig. Es ist drum schön, wenn immer öfters in unseren Gemeinden ein Kirchencafé nach dem Gottesdienst stattfindet oder die Gemeinde sogar zu Mittag miteinander isst. Wie heißt es so schön im Text (V. 46): „Ihre Zusammenkünfte waren von überschwänglicher Freude und großer Herzlichkeit geprägt.“
- Die ersten Christen standen in hohem Ansehen, so erzählt es zumindest die Apostelgeschichte. Ob das nicht ein bisschen schön geredet ist, lassen wir einmal dahingestellt. Wie dem auch sei: Unser Ansehen als Christen hängt allerdings davon ab, wie konkret und praktisch wir die Nachfolge Christi im Alltag leben.
Der
Geist von Pfingsten bleibt nicht an der Oberfläche, er ist kein Strohfeuer. Als
Geistes-Gegenwärtige sind wir herausgefordert, nicht nur christlich zu reden,
sondern christlich zu leben und damit Zeichen der Liebe Gottes zu allen
Menschen zu setzen.
Man kann es auch mit dem Atheisten
Erich Kästner sagen: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!
Weitere Predigt- und Gottesdienstmaterialien: hier
Erich Kästner sagen: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!
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Reinhard Kirste
Relpäd/Apg 2,37–47, 16.05.16, überarbeitet: 13.08.2020
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