Ala-Too-Platz in Bischkek, Kirgisistan |
hat im November 2018 ihre zweite internationale Konferenz veranstaltet.
Sie fand unter der Schirmherrschaft des Präsidenten statt.
Das Thema war: "Islam in a Modern Secular State". Im sich säkular verstehenden zentralasiatischen Staat ist die Mehrheit der Bevölkerung muslimisch. Die Konferenz hatte in diesem Zusammenhang das Ziel, gegenwärtige Probleme anzusprechen und für eine Harmonisierung der muslimischen Gesellschaften einzutreten. Außerdem sollte die Wirksamkeit demokratischer Regierung in der religiösen Sphäre verbessert werden. Nur so kann man Radikalisierungen und weit verbreitete extremistische Ideen eindämmen.
Das Thema war: "Islam in a Modern Secular State". Im sich säkular verstehenden zentralasiatischen Staat ist die Mehrheit der Bevölkerung muslimisch. Die Konferenz hatte in diesem Zusammenhang das Ziel, gegenwärtige Probleme anzusprechen und für eine Harmonisierung der muslimischen Gesellschaften einzutreten. Außerdem sollte die Wirksamkeit demokratischer Regierung in der religiösen Sphäre verbessert werden. Nur so kann man Radikalisierungen und weit verbreitete extremistische Ideen eindämmen.
Islam in a Modern Secular State
Internationale
Konferenz in Bischkek/Kirgistan 14./15. November 2018
Bericht von Prof. Dr. Johannes Lähnemann, Goslar
Bericht von Prof. Dr. Johannes Lähnemann, Goslar
Es ist erstaunlich: Da lädt ein
kleines zentralasiatisches Land, das sich gemäß seiner Verfassung als modern
und säkular versteht, zum zweiten Mal zu einer großen Konferenz ein, in der es
darum geht, wie der Islam sich konstruktiv in das moderne demokratische Staatswesen
integrieren lässt - in voller Anerkennung der Menschenrechte und besonders der
Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Es sind insgesamt 140 Teilnehmende aus
20 Staaten in Asien, Europa und Amerika vertreten, in denen jeweils - in z.
T. sehr verschiedener Weise - die
gesellschaftliche Präsenz des Islam eine wichtige Rolle spielt. Der größte
Kreis kommt aus den zentralasiatischen Republiken, den Nachbarn von Kirgistan,
sowie der russischen Föderation. Aber auch die stark muslimisch geprägten
Länder Türkei, Iran, Afghanistan, Malaysia und Indonesien sind dabei, aus
Europa Österreich, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Belgien und
Schweden. Kirgistan und seine Nachbarn befinden sich in der nachsowjetischen
Ära in neuen Prozessen der Identitätsbildung: Neben den Gruppen, die sich
nichtreligiös verstehen, gibt es ein religiöses „Wiedererwachen“, besonders im
Islam, aber auch in der orthodoxen Kirche. Wie können sie in positiver Weise
zum Gemeinwesen beitragen, wie ist dem auch auftauchenden extremistischen
Islamismus entgegen zu wirken und vorzubeugen? Wie lassen sich Wege
erschließen, dem Islam hinsichtlich seiner fundamentalen Glaubensgrundlagen und
seiner religiös-kulturellen Vielfalt gerecht zu werden und gleichzeitig seine Kompatibilität
mit einem modernen säkularen Staatswesen zu fördern? Die staatliche kirgisische
Kommission für religiöse Angelegenheiten,
die quasi die Rolle eines Religionsministeriums wahrnimmt, hat dazu in
Zusammenarbeit mit der Vertretung der
Vereinten Nationen in Khirgistan und der Organization for Security and Co-operation in Europe (OSCE) ein
Programm vorbereitet, das sich neben Grundlagenbeiträgen zu Islam und
Demokratie vor allem auf drei Inhalts-
und Aufgabenbereiche konzentrierte: 1) die Bildungsfragen im Blick auf Schule und außerschulisches Lernen, 2)
die Behandlung von religiösen Fragen in Medien
und Internet, 3) die Rolle religiöser
Frauen - und dabei auch der Jugend
- in der Gesellschaft. Von deutscher Seite hat sich das Außenministerium über sein Referat
Religion und Außenpolitik in Zusammenarbeit mit der deutschen Botschaft in Bischkek aktiv in die Vorbereitung und
die Vermittlung von Experten eingebracht, vor allem für die Bereiche der
Bildung und der Medien.
Es wurde eine prall gefüllte, ja
überfüllte Konferenz:
58 Einzelbeiträge in 1 1/2 Tagen -
eine reiche, aber auch überwältigende Vielfalt.
Und dass die vorgesehene Zeit für Diskussionen schmilzt, wenn pro Referent und Referentin maximal 10 Minuten vorgesehen sind, die dann doch nicht immer eingehalten werden, kann nicht verwundern. Es war eine gute Absicht, möglichst viele Teilnehmende mit ihren jeweiligen Erfahrungen, Forschungen und Perspektiven zu Wort kommen zu lassen - verbunden mit der Ankündigung, die ausgeführten „Reports“ dann in einem Tagungsband zu versammeln, wie es schon bei der ersten Konferenz 2017 geschah.
58 Einzelbeiträge in 1 1/2 Tagen -
eine reiche, aber auch überwältigende Vielfalt.
Und dass die vorgesehene Zeit für Diskussionen schmilzt, wenn pro Referent und Referentin maximal 10 Minuten vorgesehen sind, die dann doch nicht immer eingehalten werden, kann nicht verwundern. Es war eine gute Absicht, möglichst viele Teilnehmende mit ihren jeweiligen Erfahrungen, Forschungen und Perspektiven zu Wort kommen zu lassen - verbunden mit der Ankündigung, die ausgeführten „Reports“ dann in einem Tagungsband zu versammeln, wie es schon bei der ersten Konferenz 2017 geschah.
Hier können nur zwei Beiträge kurz
skizziert werden, die als kennzeichnend für jeweils größere Erfahrungsbereiche
stehen, um dann einige generelle Beobachtungen anzuschließen und schließlich den
spezifischen Beitrag aus Deutschland zur Sprache zu bringen:
· Der Beitrag von Asel Erkebolatovna Kuzembaeva (The Head of the Department of
Religious Expertise and Interaction with Religious Education Organizations, Committee
of Public Consent, Ministry of Social Development of the Republic of Kazakhstan)
kann als beispielhaft für die Problemsicht in den zentralasiatischen Republiken
gelten: Bei bestimmten Gruppen junger Muslime finden sich extremistische
Überzeugungen, für die sie in den Social Media indoktrinierende Bestätigung und
Verstärkung erfahren. Demgegenüber erweist sich eine Aufklärungsarbeit als unerlässlich,
bei der das Prinzip „Null Toleranz gegenüber Extremismus“ gelten müsse.
Methodisch braucht es dazu humanistisch orientierte, aufklärende Arbeit, müssen
die Traditionen, gerade auch die spirituellen Traditionen, in diesem Sinne interpretiert werden. Respekt
müssen alle erfahren können - „Gläubige“ wie „Nichtgläubige“. Diesen
Grundeinsichten steht eine ernüchternde Bildungsrealität gegenüber: eine
Ausbildung der Lehrkräfte, in der die Religions- und Weltanschauungsthematik bislang
marginalisiert ist, Geistliche, bei denen weitgehend nur die frontale
Weitergabe von Religionsinhalten gängig ist, Unterrichtsmittel, die erst in
allerersten Anfängen der Pluralität Aufmerksamkeit widmen.
· Für den europäischen Bereich war der
Beitrag des aus Schweden stammenden Jonas
Otterbeck (jetzt Professor am Institute for the Study of Muslim
Civilisations, Aga Khan University, United Kingdom) über „Identification of
Young Muslims in Scandinavian Society“ besonders aufschlussreich. Auf Grund
empirischer Untersuchungen konnte er für junge Muslime in Skandinavien
feststellen, dass es sich um wachsende Gruppen mit vielfältigem
Migrationshintergrund handelt. Überwiegend gehören sie zum ärmeren Teil der
Bevölkerung. Migration bedeutet dabei „disruption“: Sprache, Kultur, religiöse
Formen und Traditionen erfahren Abbrüche. Die Untersuchungen belegen, dass für
die Jugendlichen der Glaube an Gott weitestgehend selbstverständlich ist, nicht
aber die regelmäßige religiöse Praxis: Beten wird gelegentlich ausgeübt, Fasten
im Ramadan ist populär. Die ältere Generation hat ihre Traditionen importiert,
Moscheen gebaut, wie sie in ihren Herkunftsländern stehen; insgesamt ist eine
nostalgische Atmosphäre vorherrschend. Ihre Sprache ist nicht die Sprache der
Kids. Im Unterschied zu England, wo die Entwicklung längst weiter fortgeschritten
ist, gibt es erst bei einem Teil der Muslime Wege zu einer progressiven Praxis.
Für Viele ist der Islam vor allem mit seinen kulturellen Ausprägungen wichtig.
Und dann gibt es eine kleinere Gruppe reaktionärer Jugendlicher und unter ihnen
auch einen prozentual geringen Anteil gewaltbereiter junger Menschen. Der Weg
in die Zukunft bedarf einer konstruktiven Weiterentwicklung muslimischer
Traditionen in einem pluralen, die Lebenswelt der Jugendlichen ernst nehmenden
Umfeld. - Ergänzend sei auf einen weiteren bemerkenswerten Beitrag aus Europa
hingewiesen, eingebracht von Hans Bronte,
Bürgermeister der Vilvord-Provinz in Belgien, in der es besonders viele
jugendliche Rückkehrer gibt, die sich dem IS angeschlossen hatten und nun der
Betreuung in einem schwierigen Prozess der Resozialisierung bedürfen.
· Ganz überwiegend kamen Teilnehmende
aus Kirgistan und den umgebenden zentralasiatischen Staaten zu Wort. In allen
drei Themenbereichen - Bildung, Medien, Frauen - war der aufklärerische und
emanzipatorische Impetus der aktiv im Dialog mit Religionsfragen Engagierten
sichtbar. Mehr als ein Drittel der Teilnehmenden waren Frauen. Neben vier
kirgisischen Referentinnen brachte sich hier Sharifah Hayaati Binti Ismail als Professorin aus Malaysia ein. Angefragt
wurde immer wieder eine traditionelle, frontale und rezeptive
Glaubensvermittlung, die überkommene Rollenverteilung der Geschlechter und die
Frage, wie dem über die Social Media verbreiteten extremistischen Virus
begegnet werden kann. Besondere Leistungen wurden den simultan
Übersetzenden (Kirgisisch, Russisch,
Arabisch, Englisch wurden angeboten) abverlangt. Abgesehen davon, dass die
Qualität der Übersetzungen schwer zu kontrollieren war, tauchte eine Grenze
auf, als Tahir Mehtioglu von der
türkischen Behörde für religiöse Angelegenheiten nur auf Türkisch kommunizieren
konnte und dafür keine Übersetzung vorgesehen war. Angesichts der engen
Beziehungen zwischen der Türkei und den asiatischen Republiken und ihrer
sprachlichen Nähe war das ein deutliches Defizit. Immerhin war das Video, das
parallel zu dem Referat lief, mit englischen Titeln unterlegt - und es wurde
sichtbar, wie hier eine positivistische Propaganda für das türkische offiziell „säkulare“,
inzwischen aber religiös dominierte Modell vorgeführt wurde - mit vielen
Aufnahmen von großen religiöser Versammlungen, Gebetsvollzügen, glänzenden
Bildern riesiger Moscheen, aber auch sozialen Aktivitäten.
· Die Beiträge aus Deutschland wurden
besonders aufmerksam verfolgt. Sie ergänzten sich organisch:
Lothar Kuld bot eine klare Übersicht über die Grundlagen und Ausformungen des Religionsunterrichts in Deutschland mit seiner Verankerung im Grundgesetz, der Zusammenarbeit von Staat und Religionsgemeinschaften hinsichtlich der inhaltlichen Bestim-mungen und der pädagogischen Profile. Die Herausforderungen der plural zusammengesetzten Schülerschaft spielen inzwischen bei dem traditionell konfessionellen Religionsunterricht ebenso eine Rolle wie bei Ethik/Philosophie als Ersatz-. oder Alternativfach, aber auch dem Hamburger Modell eines „Religionsunterrichts für alle“ und dem ethisch-religionskundlich ausgerichteten Fach „Lebenskunde, Ethik, Religion“ (LER) in Brandenburg.
Die Grundfrage, inwieweit Religionsunterricht überwiegend informativ angelegt sein soll oder doch auch die Begegnung mit gelebter Religion einschließen sollte, erwies sich in den Gesprächen mit den Teilnehmenden aus Kirgistan und seinen Nachbarländern als besonders relevant. Mein Beitrag war, das deutsche Modell in den Kontext europäischer Entwicklungen hinein zu stellen, die ich im Kontext der Untersuchungen in der Ständigen Kommission für Friedenserziehung der Bewegung „Religions for Peace“ beobachten konnte. Ein Ergebnis dabei war, dass in nahezu allen europäischen Ländern die Einsicht wächst, dass Religion Teil der öffentlichen Erziehung sein sollte:
Lothar Kuld bot eine klare Übersicht über die Grundlagen und Ausformungen des Religionsunterrichts in Deutschland mit seiner Verankerung im Grundgesetz, der Zusammenarbeit von Staat und Religionsgemeinschaften hinsichtlich der inhaltlichen Bestim-mungen und der pädagogischen Profile. Die Herausforderungen der plural zusammengesetzten Schülerschaft spielen inzwischen bei dem traditionell konfessionellen Religionsunterricht ebenso eine Rolle wie bei Ethik/Philosophie als Ersatz-. oder Alternativfach, aber auch dem Hamburger Modell eines „Religionsunterrichts für alle“ und dem ethisch-religionskundlich ausgerichteten Fach „Lebenskunde, Ethik, Religion“ (LER) in Brandenburg.
Die Grundfrage, inwieweit Religionsunterricht überwiegend informativ angelegt sein soll oder doch auch die Begegnung mit gelebter Religion einschließen sollte, erwies sich in den Gesprächen mit den Teilnehmenden aus Kirgistan und seinen Nachbarländern als besonders relevant. Mein Beitrag war, das deutsche Modell in den Kontext europäischer Entwicklungen hinein zu stellen, die ich im Kontext der Untersuchungen in der Ständigen Kommission für Friedenserziehung der Bewegung „Religions for Peace“ beobachten konnte. Ein Ergebnis dabei war, dass in nahezu allen europäischen Ländern die Einsicht wächst, dass Religion Teil der öffentlichen Erziehung sein sollte:
- zur
Vermittlung notwendiger Kenntnisse
über das kulturell-religiöse Erbe des Kontinents
über das kulturell-religiöse Erbe des Kontinents
- zur
Orientierung über die religiös verwurzelten Werte
und Ethik für das persönliche Leben wie auch für die Gesellschaft
und Ethik für das persönliche Leben wie auch für die Gesellschaft
- zur
Reflexion über Lebenssinn und Lebensziele im Licht
der Schriften, Traditionen und spirituellen Praxis der Religionen
der Schriften, Traditionen und spirituellen Praxis der Religionen
- für eine Erziehung zu Toleranz und zur
Vorbeugung
gegenüber falschen Vorurteilen – durch authentische Information
über und – wenn eben möglich –
in der Begegnung mit verschiedenen gelebten Religionen.
gegenüber falschen Vorurteilen – durch authentische Information
über und – wenn eben möglich –
in der Begegnung mit verschiedenen gelebten Religionen.
Ich sprach
aber auch die Notwendigkeit wie die Schwierigkeiten beim Aufbau eines
islamischen Religionsunterrichts in Deutschland an.
Die Koordinaten
dafür hat Tuba Isik in ihrem Beitrag klar umrissen: die Rolle der islamischen
Gemeinschaften, die Entwicklung einer islamischen Theologie an der Universitäten,
die Ausbildung von Religionslehrkräften, von Imamen, von sozial-diakonischer
wie von allgemeiner kommunaler Arbeit. Da ist Vieles erst in den Anfängen, aber
im Vergleich zu den Ansätzen in den zentralasiatischen Republiken erheblich
weiter bedacht und vorstrukturiert.
Zrinka Stimac hat sich
in den Arbeitsbereich Medien eingebracht und die Relevanz religiöser und
interreligiöser Schulbucharbeit vor dem Hintergrund der weltweiten Erfahrungen
und Expertisen des Georg Eckert-Instituts Braunschweig entfaltet. Ihre
Recherchen spiegeln deutlich die konzeptionelle Differenz zwischen einem „Lernen
über“ und einem „Lernen von“ Religionen, wobei das erstere seine Plausibilität
auch in einem laizistischen Kontext erweist, während beim Zweiten davon
ausgegangen wird, dass bei einer echten Begegnung mit den Religionen eine
Tiefendimension erreicht werden kann, die sich für persönliche und
gemeinschaftliche Lebensorientierung als relevant erweist.
Im europäischen Zusammenhang bestimmt das auch die Diskurse, in die der Europarat, die UNESCO und die OSCE involviert sind.
Im europäischen Zusammenhang bestimmt das auch die Diskurse, in die der Europarat, die UNESCO und die OSCE involviert sind.
Intensiv diskutiert wurde der Entwurf für ein „Final
Statement“, das als Vorlage für eine Resolution der Konferenz verteilt
wurde. In ihm werden Standards formuliert, die sich in den großen
interreligiösen Bewegungen wie Religions for Peace (RfP) oder der International
Association on Religious Freedom (IARF), aber auch in den europäischen
Entschließungen wie den Toledo Guiding Principles und den Signposts (wesentlich
inspiriert durch den Religionspädagogen Robert Jackson (University of
Warwick, UK) niedergeschlagen haben - hier nun ausdrücklich auf den Islam
bezogen: dass die Integration der Religion in die Zivilgesellschaft von den
Grundsätzen des Respekts, der Toleranz, der friedlicher Koexistenz und dem Wert
des interreligiösen Dialogs geprägt sein müsse.
Die Bewahrung und der Schutz vor destruktiven und extre-mistischen Ideologien wird als gemeinsame Herausforderung für die Religionen wie für die demokratischen staatlichen Instanzen ausgesprochen. Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, die Über-windung von Diskriminierungen und der Einsatz für Freiheit und Menschenrechte bedürfen dazu einer Verbesserung der Bemühung um Bildung und religiöse Sprachfähigkeit.Gerade darauf beziehen sich dann die Empfehlungen des Statements, die gezielt auch die notwendige Kommunikation im Bereich des Internets und der Social Media ansprechen.
Die Bewahrung und der Schutz vor destruktiven und extre-mistischen Ideologien wird als gemeinsame Herausforderung für die Religionen wie für die demokratischen staatlichen Instanzen ausgesprochen. Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, die Über-windung von Diskriminierungen und der Einsatz für Freiheit und Menschenrechte bedürfen dazu einer Verbesserung der Bemühung um Bildung und religiöse Sprachfähigkeit.Gerade darauf beziehen sich dann die Empfehlungen des Statements, die gezielt auch die notwendige Kommunikation im Bereich des Internets und der Social Media ansprechen.
Es ist deutlich, dass die Realität noch sehr
hinter diesen Erfordernissen hinterher hinkt, zumal eine pädagogische
Erneuerung innerhalb der Religionsgemeinschaften noch ansteht, aber auch das
öffentliche Bildungssystem erst wenige Ansätze zu aufgeklärter religiöser
Bildung aufweist.
Gleichwohl erscheint die grundlegende
Verständigung auf die genannten Prinzipien als ein wichtiger Schritt, an dem
man sich bei der anstehenden praktischen Aufbauarbeit orientieren kann.
Die Diskussion während der Abschluss-Sitzung
der Konferenz erbrachte noch einige Modifikationen, die aber nicht die Substanz
des Papiers verändern dürften. Bedenkenswert erschien vor allem der Einwand von
Ednan Aslan/Wien, man müsse im Titel eigentlich von einem demokratischen
statt nur von einem modernen säkularen Staat sprechen, da Säkularität nicht
per se die notwendige Demokratie-, Menschenrechts- und Pluralitätsfähigkeit einschlösse.
Es ist davon auszugehen, dass das überarbeitete Statement den Konferenz-Teilnehmenden
entsprechend übermittelt und als „Resolution“ veröffentlicht werden wird.
Nach der durch die Überfülle der Beiträge
während der Konferenz gezwungenermaßen eher rezeptiven Partizipation war es
sehr befriedigend, dass wir Teilnehmenden aus Deutschland zusammen mit
Botschafterin Monika Iwersen und ihrer Vertreterin Irja Berg noch
einen Nachmittag hatten, an dem wir uns in kleinerem Kreis direkt in den Räumen
der staatlichen Kommission für religiöse Angelegenheiten mit kirgisischen
Kollegen (nur einer Kollegin!) austauschen konnten. Uns wurde von einem ersten
Modellversuch für Religionsunterricht im Bereich von Sekundarschulen und ersten
Schulbucharbeiten berichtet, worüber aber keine näheren inhaltlichen
Informationen geboten werden konnten. Sie sehen offenkundig eine im Wesentlichen
kognitive Beschäftigung mit den Religionen vor, schließen allerdings wohl auch
Besuche bei den Religionsgemeinschaften ein. Ein kirgisischer Kollege, der bei
einem Besuch in Deutschland Unterrichtsmaterial über den Islam bereits in der
Grundschule gezeigt bekam, zeigte sich davon beeindruckt, wie hier Kindern auch
in jüngerem Alter Religionskenntnisse elementar nahe gebracht werden können. Es
bestand großes Interesse, mehr über die Bildungsentwicklungen im Blick auf den
Islam in Deutschland zu erfahren. Ich selbst erläuterte, dass jeder gute
Unterricht die kognitive („Wissens“-) Ebene, aber auch die existentielle
(„Lernen für das Leben“) und die soziale („Lernen für die Gemeinschaft“) im
Blick haben sollte.
Was bei aller qualitätvollen Arbeit während
der Konferenz auffiel, war, dass Vertreter der Religionsgemeinschaften selbst
faktisch kaum zu Wort kommen konnten. Theologisch-inhaltlich wurde wenig
geboten. Gerade in diesem Feld wäre aber auch wichtige Arbeit zu leisten, etwa
hinsichtlich der Interpretation der Heiligen Schriften, namentlich des Koran,
aber auch der Hadith-Traditionen, um die Deutungshoheit nicht den Erzkonservativen
oder gar Fanatikern zu überlassen. Der Bezug auf einseitige Dominanz- oder gar
Gewaltaussagen in Bibel und Koran einigt ja in verhängnisvoller Weise
Religionsfanatiker und Religionskritiker. Was hier an hermeneutischer und
dialogischer Arbeit inzwischen in Deutschland im Austausch von christlicher und
islamischer Theologie entwickelt wird, erweist sich als ein wesentlicher
Beitrag für eine fruchtbare Verständigung und fruchtbares Zusammenwirken der
Religionsgemeinschaften in unserer pluralen Gesellschaft.
Insgesamt ist die Konferenz in Bishkek eine
intensive Erfahrung gewesen, die die Notwendigkeit der Internationalisierung im
Bereich von Demokratie, Religionen, zivilgesellschaftlicher Arbeit und
besonders der Bildung erneut deutlich gemacht hat. Zu hoffen ist, dass über die
große Zahl der beteiligten Institutionen, Experten und Multiplikatoren die
erforderlichen Schritte in die Praxis und nachhaltige Lernprozesse inspiriert
werden.
Angesichts des enormen Aufwands für die
Konferenz ist allerdings zu bedenken, ob das Format, bei dem in 1 1/2 Tage eine
Überfülle an Impulsen präsentiert wurden, nicht zeitlich erweitert müsste, um auch Zeit für vertiefende
Erörterungen und Gespräche zu gewinnen. Es ist zu hoffen, dass der Tagungsband
immerhin eine gute Verbreitung findet.
Den Veranstaltern ist sehr zu danken für die
Initiative zu dieser Konferenz, die vorzügliche Betreuung der Teilnehmenden und
das anregende kulturelle Rahmenprogramm - dazu bestes Essen und beste
Unterbringung. Die Vorbereitung durch die Abteilung Religion und Außenpolitik
des deutschen Außenamtes (Maximiliane Linde und Silke Lechner) und
die Botschaft in Bishkek (Monika Iwersen und Irja Berg) wie auch
die Begleitung während der Konferenz ließ für uns als Teilnehmende aus
Deutschland nichts zu wünschen übrig. Wir vier haben auch den inhaltlichen und
persönlichen Austausch über unsere Anliegen und Erfahrungen sehr genossen. So
konnte ich auch den für mich chaotischen Einstieg in die Konferenz -
versehentliche Landung in Almaty/Kasachstan ohne jegliche Kommunikationsmöglichkeit
mit Bishkek und die 6-stündige Taxifahrt nach Bischkek - hinreichend
verkraften.
CC
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