Der Zweikampf zwischen Parzival (r.) und Feirefiz, dem Halbbruder Parzivals. Cod. Pal. germ. Nr. 339, XV. Buch, Blatt 540v. Illustrierte Handschrift aus der Werkstatt von Diebold Lauber, um 1443–1446: Der Illustrator zeigt Feirefiz als "Mohren" mit Bart, Turban und einer exotischen Rüstung, aber ohne die namensgebende "Sprenkelung." (Wikipedia) |
Das Werk entstand in den ersten Jahren des 13. Jahrhunderts und umfasst etwa 25.000 paarweise gereimte Verse.
Mit kunstvoll und nicht immer leicht nachzuvollziehenden Handlungssträngen werden hauptsächlich die Abenteuer zweier Ritter erzählt: Der Titelheld Parzival und und Gawan aus der vielfach variierten Geschichte: "Tafelrunde des Königs Artus" (SPIEGEL Online, 29.07.2014).
Der Artus-Erzählfaden ist quasi eine Etappe auf dem Weg zum Heiligen Gral.
- Weiteres zum Verständnis des Ritters Parzival und der Suche nach dem Heiligen Gral: hier
--- Eine gut verständliche und klar strukturierte Nacherzählung --- - Eine sehr ausführliche Beschreibung
mit Zuordnung der Verwandtschaftsbeziehungen: hier - Auch der Orden der Templer-Ritter wurde/wird mit dem Heiligen Gral in Verbindung gebracht.
Schließlich ist Parzival auch durch die Oper Parsifal von Richard Wagner berühmt geworden (Uraufführung 1882). Sie kommt in vielfachen Varianten immer wieder auf die Opernbühnen.
Vgl. z.B. die Neuinszenierung 2004 unter der Regie von
Christoph Schlingensief in Bayreuth (Die ZEIT online, 29.07.2004).
Perceval / Parsifal, Parzival
Eine eigenständige Nacherzählung
im Rahmen eines Seminars an der TU Dortmund
Verfasst von: Miriam Tenhaven, Steffi Reinke
Die Geschichte spielt
im Mittelalter am Hofe des Königs Arthur. Perceval wird in der Waldeinsamkeit von seiner
Mutter aufgezogen, was ihn zu einem sehr naiven Mann hat heranwachsen lassen.
Als er in die Stadt hinausgeht, ist er überfordert und versteht die
Gemeinschaft und das Ideal der Ritterlichkeit nicht. Er begegnet einem Ritter
und hält ihn für einen Engel, woraufhin Perceval beschließt, auch ein Ritter zu
werden (Held/Idol). Er erschlägt den „Roten Ritter“, übernimmt dessen Rüstung
und zieht in der Welt umher. Wie alle Ritter will er sich auf die Suche nach
dem Heiligen Gral begeben. Er wird sogar auf die Gralsburg eingeladen, jedoch
hat er absolut keine Ahnung vom Ritterdasein und deren tugendhafte Mentalität.
Der Gralskönig ist sehr krank und als an diesem ein Gegenstand in einer ehrwürdigen
Prozession vorbeigetragen wird, verpasst Perceval in diesem entscheidenden
Moment die entscheidende Frage zu stellen (nach dem Befinden des Königs zu
fragen). Perceval muss das Schloss daraufhin verlassen und begegnet im Wald
einer Vision eines Lichterbaums. Dieses Bild erinnert stark an den brennenden
Dornenbusch in dem sich Gott Moses offenbart. Aber Perceval bekommt eine zweite
Chance auf der Gralsburg. Erneut speist er mit dem kranken König und den
Hofleuten, diesmal werden in einer Prozession der Gral, eine blutige Lanze und
ein zerbrochenes Schwert an ihm vorbei geführt und wieder verpasst Perceval
seine Chance, eine Frage zu stellen. Er übernachtet im Schloss, doch als er am
nächsten Morgen aufwacht ist das gesamte Schloss leer. Die Situation und Vorkommnisse
sind ihm zutiefst unheimlich und er verlässt das Schloss schnell über die
Zugbrücke.
Was verbirgt
sich hinter dieser Geschichte in Bezug auf Wahrheit und Erlösung? Percivals weg
zur Gralsburg und zu seinem Ziel, dem heiligen Gral, scheint wie ein Labyrinth
zu sein, er unternimmt einen langen, verworrenen Weg und just in dem Moment, in
dem er denkt, er hätte sein Ziel erreicht, muss er doch immer wieder die Burg
verlassen. Die drei Gegenstände enthalten eine tiefe Symbolik. Schon weil sie
in einer ehrwürdigen Prozession in den Raum getragen werden, umhüllt sie etwas
Geheimnisvolles und Hoheitsvolles. Die blutige Lanze steht für die Lanze des
Soldaten, der Jesus Christus in die Seite stach. Vom Gral sagt man, dass dieser
zum letzten Abendmahl gehört und das Blut auffing, das aus Jesu Seite austrat.
Das zerbrochene Schwert trägt die Symbolik des Friedens, das Ende des Kampfes.
Alle diese Symbole sind Symbole der Transformation. Der Mensch muss aufs
Tiefste in sich gehen, um zu überlegen, welche Bedeutung diesen Symbolen
zukommen könnte – aber man scheint nicht dahinter zukommen. In diesem Prozess
des In-Sich-Gehens und der Gesinnung erfährt der Mensch eine
Identitätsentwicklung – eben eine Transformation. Das ICH eines Menschen ist in
der Zeit und sterblich, das SELBST aber ist in einer gewissen Art Ewigkeit,
Raumlosigkeit und Unsterblichkeit (Nirvana, Himmel, Paradies). Beide Dinge sind
ganz und gar nicht so gegensätzlich wie es uns zuerst erscheinen mag. Sie sind
doch miteinander verbunden, indem sich das Ewige immer irgendwie in das
Zeitliche hineindrängt. Ebenso verhält es sich mit Wahrheit und Erlösung, die
beide auf das Leben abzielen, welches jedoch mehr ist als das Leben zwischen
Geburt und Tod. Die Gralsburg ist für Perceval die erste Begegnung mit der
anderen Welt bzw. dem anderen Leben und dem SELBST – es ist seine erste
Begegnung mit der Selbstfindung. Die Zugbrücke allerdings, zeigt beim zweiten
Verlassen des Schlosses den Weg von der anderen Welt zurück in die „normale“
Welt – Perceval ist von der anderen Welt wieder ausgeschlossen, nachdem die
Zugbrücke hochgegangen ist.
Was sagt uns das?
Begegnungen mit Menschen reißen uns in eine andere Wirklichkeit, zum Beispiel
Begegnungen von Religionen. Der Himmel (die andere Welt) ist nicht jenseits,
sondern eigentlich ganz nahe unter uns – die Ewigkeit schiebt sich immer in das
Zeitliche hinein. Das bedeutet Wahrheit, Erlösung und wahres Leben stehen eng
bei einander.
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