Dienstag, 8. November 2022

Bamberger Dom: Grabmal und Gewänder des Papstes Clemens II. (aktualisiert)

Papstgrab und Bischofsstuhl im Westchor
(wikipedia: Bamberger Dom mit Fotogalerie) 
Nur ein einziger Papst wurde in Deutschland bestattet:  Clemens II., Papst von 1046 - 1047. Sein Grab im Bamberger Dom ist kunsthistorisch und interkulturell von herausragender Bedeutung. Der Ursprung der kostbaren Seidengewänder, in die der Nachfolger des Fischers Petrus gehüllt war, führt nach Byzanz und in die arabisch-islamische Welt des Mittelalters.
 

"Ein einziger Papst liegt in Deutschland begraben. Es ist Clemens II.  Er lebte kurz nach der Jahrtausendwende, als sich das Abendland schon anschickte das Heilige Grab zu Jerusalem zu erobern und die Ungläubigen, die es besetzt hielten, mit Stumpf und Stiel auszurotten. Dieser Papst starb in Bamberg und wurde dort bestattet. Bei einer gründlichen Restaurierung des Doms* sollte sein Sarkophag geöffnet und auf seinen Inhalt hin untersucht werden [Graböffnung 1942]. Man hatte dazu auch Experten für alte Textilien geholt, denn man nahm an, dass man den Leichnam des Papstes nicht nackt, sondern in dem kostbarsten aller damals greifbaren Prunkgewänder begraben hatte. Und richtig: Als man den schweren steinernen Deckel aufhob, fand man auf den letzten noch nicht zu Staub zerfallenen Gebeinen eine dunkle baumrindenartige Masse, die die vermoderten Reste von oben bis unten umschloss. Vorsichtig löste man die Masse ab und übergab sie den Experten. Sie legten sie in destilliertes Wasser und weichten sie auf und wuschen und wuschen in immer wieder erneuerten Wässern und mit den zartesten Mitteln. Allmählich entfaltete sich die schwärzliche Rinde zu einem weiten weißlichen Gewebe und das Gewebe zu einem hauchdünn genetzten, bestickten Schleier arabischer Arbeit der köstlichsten Art. Und der ganze Schleier war mit immer denselben Schriftzeichen wie mit erlesenen Ornamenten durchwirkt [Anm.: Es handelt sich (nur) um den Gesichtsschleier] . Nun holte man neue Experten, nämlich solche für altarabische Schrift und legte ihnen das Prunkstück vor, und sie entzifferten, was da stand und worin die Leiche des Papstes so lange eingehüllt gewesen war, und es lautete: >Allah ist groß, Allah ist groß, Allah ist groß ...<"
(deutsch eigentlich: Gott ist größer).

Gertud Fussenegger in: Neue Iserlohner Presse (NIP), 11./12.11.1990


Mehr zur Autorin des Artikels:
Die österreichische Schriftstellerin und Romanautorin Gertrud Fussenegger (1912 - 2009) - durchaus wegen ihres Verhältnisses zum Nationalsozialismus umstritten -  ist allerdings mit ihrem Erzählstil durch viele historische Romane bekannt und viel gelesen geworden
Weiteres zur Person und Werkauswahl - Austria Forum, wikipedia,de und wikipedia.en.

Weitere Hintergrundinformationen, auch zu den Seidenstoffen
in der Ausstellung und dem zugehörigen Katalog:
HILDESHEIM - Dommuseum: Islam in Europa 1000 - 1250 
(07.09.2022 - 12.02.2023) --- Katalog zur Ausstellung >>>
>>> Präsentation des Katalogs mit weiteren Hinweisen und Bildbeispielen


Beispiel aus der Ausstellung in Hildesheim

Neben dem Godehardschrein befindet sich im Hildesheimer Dom ein zweiter Schrein, der Reliquien der Dompatrone enthält. In ihm wurde 1957 ein Textil gefunden, in das Reliquien des Heiligen Abundius eingewickelt waren. Der Seidenstoff zeigt in einem Perlenkranz einen Vogel, vielleicht einen Adler. Seine Herstellung wird im Gebiet des heutigen Irak oder Iran im 10. Jahrhundert angenommen. Der in das Textil eingeschnittene Halsausschnitt zeigt  vom Beginn einer Arbeit, die abgebrochen wurde, als das Textil als Hülltuch in den Schrein gelegt wurde.


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