Deutsche Zusammenfassung des englischen Beitrags über den „ Sitz im Leben“
des Barnabas-Evangeliums von Jan Slomp
des Barnabas-Evangeliums von Jan Slomp
Erschienen in:
David Thomas (ed.): Christian-Muslim Relations.
A Bibliographical History (CMRBH)
Volume 9:
Western and Southern Europe (1600-1700)
Leiden/Boston: Brill 2017, S. 371–388
David Thomas (ed.): Christian-Muslim Relations.
A Bibliographical History (CMRBH)
Volume 9:
Western and Southern Europe (1600-1700)
Leiden/Boston: Brill 2017, S. 371–388
Inhaltsverzeichnis: https://brill.com/abstract/title/33768
Das Evangelium von Barnabas (BE) spielte in
den Verhältnissen zwischen Muslimen und Christen keine Rolle, bis es von Rahmatullah al-Kairanawi erwähnt wurde.
Dieser debattierte 1854 mit dem deutschen Missionar Karl Gottlieb Pfander (1803-1865), der damals im Dienst der Church
Missionary Society, in Agra, Indien stand. Kairanawi argumentierte, dass es ein
ursprüngliches Evangelium von Barnabas (BE) gäbe, das von der Kirche versteckt
wurde, weil es mit der Botschaft des Korans übereinstimme.
Im BE verneint Jesus nämlich, Gottes Sohn zu sein. Er erklärt, dass nicht er, sondern Muhammad der künftige Messias sein würde. Nicht Jesus sondern Judas wurde gekreuzigt. Nicht Petrus sondern Barnabas ist der hervorragende Jünger und ähnliche Argumente. Kairanawi hatte Zitate aus diesem Evangelium gefunden, und zwar in der Einführung der englischen Koranübersetzung von George Sale (1734). Sale gebrauchte eine spanische Fassung vom BE.
Vgl.: https://en.wikipedia.org/wiki/George_Sale
Im BE verneint Jesus nämlich, Gottes Sohn zu sein. Er erklärt, dass nicht er, sondern Muhammad der künftige Messias sein würde. Nicht Jesus sondern Judas wurde gekreuzigt. Nicht Petrus sondern Barnabas ist der hervorragende Jünger und ähnliche Argumente. Kairanawi hatte Zitate aus diesem Evangelium gefunden, und zwar in der Einführung der englischen Koranübersetzung von George Sale (1734). Sale gebrauchte eine spanische Fassung vom BE.
Vgl.: https://en.wikipedia.org/wiki/George_Sale
Missionare
ärgerten sich verständlicherweise über diese wiederholten Behauptungen.Auf
Grund von Nachforschungen wurde eine italienische Handschrift des BE in Wien
gefunden. Die Geschwister Lonsdale und Laura veröffentlichten 1907 ein
Faksimile des Textes mit englischer Übersetzung.In einer langen Einführung
machten sie klar, dass es sich im BE um eine Fälschung handelt. Man darf nicht
vergessen, dass die Kolonialzeit zugleich eine Art Hochkultur von christlichen
Missionen in der muslimischen Welt war, die von dieser als Bedrohung empfunden
wurde.
In
Ägypten veranlasste der Reformist Rashid
Rida (1865-1935) eine arabische Übersetzung des BE durch einen koptischen
Christen. Rashid Rida glaubte, das BE sei das Urevangelium, verfasst von
Barnabas, dem Gefährten des Paulus. Mit der kurz darauf erschienenen Urdu-Übersetzung
des arabischen Textes begann ein Triumphzug des BE in den großen muslimischen
Kultursprachen, wie Indonesisch, Persisch, Türkisch und Swahili. In Europa
erschienen Übersetzungen ins Französische, Deutsche, Niederländische, in das moderne
Italienisch und das modern Spanisch. Die englische Übersetzung, ohne kritische
Einführung, wurde am meistem verbreitet. Alle islamischen Editionen
unterstützen die Echtheit des BE und benutzen es als apologetisches Instrument.
Das BE bestärkt nämlich das seit Jahrhunderten formulierte muslimische Misstrauen
bezüglich der Bibel: Dort seien verfälschende Änderungen im Text vorgenommen
worden
(siehe Tahrif, Encyclopaedia of Islam New Edition [2000] X,111-112).
Dies behindert den Dialog, denn Leser/innen des BE werden meistens in muslimischen Ländern mit einer großen christlichen Minderheit gefunden, wie Ägypten, Indonesien und Pakistan. Das gilt natürlich auch für Länder mit muslimischen Minoritäten.
Inhalt und Wirkung dieser vielleicht größten religiösen Verfälschung im Bezug auf neutestamentliche Schriften haben die Forschungen von Jacques Jomier O.P.(1914-2008) in Kairo und Toulouse, Christine Schirrmacher, Universität Bonn und ev.Theol. Fakultät (ETF), Leuven, sowie weitere Gelehrten deutlich gemacht.
(siehe Tahrif, Encyclopaedia of Islam New Edition [2000] X,111-112).
Dies behindert den Dialog, denn Leser/innen des BE werden meistens in muslimischen Ländern mit einer großen christlichen Minderheit gefunden, wie Ägypten, Indonesien und Pakistan. Das gilt natürlich auch für Länder mit muslimischen Minoritäten.
Inhalt und Wirkung dieser vielleicht größten religiösen Verfälschung im Bezug auf neutestamentliche Schriften haben die Forschungen von Jacques Jomier O.P.(1914-2008) in Kairo und Toulouse, Christine Schirrmacher, Universität Bonn und ev.Theol. Fakultät (ETF), Leuven, sowie weitere Gelehrten deutlich gemacht.
Die
Quellenforschung wurde sehr gefördert als der Neutestamentler J.E. Fletcher
(1976) eine unvollendete spanische Handschrift des BE in Sydney entdeckte.
Vgl.: https://www.jstor.org/stable/1560539?seq=1#page_scan_tab_contents
Es handelt sich um das gleiche Exemplar, das bereits George Sale gesehen hatte. Es war von einem Aufkäufer für Universitäten nach Australien transportiert, aber an der Universität Sydney in die Rumpelkammer geraten.
Luis Bernabé Pons (Universität Alicante), veröffentlichte den Text 1998. Begleitet von seinem Doktorvater, dem Morisken-Spezialisten Mikel de Epalza, zeigte er auf überzeugende Weise, dass der Verfasser des BE ein Moriske (spanisch: morisco) war. Morisken waren Muslime die sich 1492 entscheiden mussten, ins Exil zu gehen oder Christen zu werden und so im Lande zu bleiben. Viele Morisken lebten jedoch alsr Krypto-Muslime weiter.
Vgl.: https://www.jstor.org/stable/1560539?seq=1#page_scan_tab_contents
Es handelt sich um das gleiche Exemplar, das bereits George Sale gesehen hatte. Es war von einem Aufkäufer für Universitäten nach Australien transportiert, aber an der Universität Sydney in die Rumpelkammer geraten.
Luis Bernabé Pons (Universität Alicante), veröffentlichte den Text 1998. Begleitet von seinem Doktorvater, dem Morisken-Spezialisten Mikel de Epalza, zeigte er auf überzeugende Weise, dass der Verfasser des BE ein Moriske (spanisch: morisco) war. Morisken waren Muslime die sich 1492 entscheiden mussten, ins Exil zu gehen oder Christen zu werden und so im Lande zu bleiben. Viele Morisken lebten jedoch alsr Krypto-Muslime weiter.
Das
BE zeigt nun Ahnlichkeiten mit anderen Morisken-Fälschungen, den sogenannten Bleibüchern von Sacromonte / Plomos de
Sacromonte. Es sind Texte, die auf Bleitafeln geschrieben geschrieben sind
und im Kloster Sacromonte in Granada entdeckt wurden. Als Gerard Wiegers 2004 in Nijmegen seine Antrittsvorlesung hielt,
demaskierte er den Morisken-Übersetzer Alonso
de Luna (1570 – nach 1619) als den Autor des BE. Denn der Vergleich der
spanischen und italienischen Texte weist auf nur einen Autor hin, der wahrscheinlich
jedoch Helfer hatte. Beide Handschriften sind unvollständig.
Der spanische Text hat ein Vorwort, aber die Kapitel 121–222 der italienischen Handschrift fehlen. Der italienische Text hat an der Stelle des Vorwortes leere Seiten. Vermutlich wurde die Arbeit nach den Ausweisungen der Morisken nach 1609/10 plötzlich gestoppt.Die italienische Fassung wurde nach Rom geschickt. Die Päpste hatten ja die Inquisition genehmigt, durch die auch Alonso de Luna entdeckt wurde wurde. Man konnte damals noch nicht ahnen, dass diese Handschriften drei Jahrhunderte später Kirchen und Christen in Verlegenheit bringen würden. Man darf wohl sagen, dass es beiden Religionen offensichtlich an Respekt für die Schriften des anderen fehlt.
Der spanische Text hat ein Vorwort, aber die Kapitel 121–222 der italienischen Handschrift fehlen. Der italienische Text hat an der Stelle des Vorwortes leere Seiten. Vermutlich wurde die Arbeit nach den Ausweisungen der Morisken nach 1609/10 plötzlich gestoppt.Die italienische Fassung wurde nach Rom geschickt. Die Päpste hatten ja die Inquisition genehmigt, durch die auch Alonso de Luna entdeckt wurde wurde. Man konnte damals noch nicht ahnen, dass diese Handschriften drei Jahrhunderte später Kirchen und Christen in Verlegenheit bringen würden. Man darf wohl sagen, dass es beiden Religionen offensichtlich an Respekt für die Schriften des anderen fehlt.
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Material zu den Barnabas-Studien (Auswahl):
- Luis F.Bernabé-Pons: Zur Wahrheit und Echtheit des
Barnabasevangeliums.In: Reinhard Kirste /Paul Schwarzenau / Udo Tworuschka (Hg.):
Wertewandel und religiöse Umbrüche. Religionen im Gespräch Bd. 4 (RIG 4).
Balve: Zimmerman 1996, S. 133-188. - Das Stichwort über das Barnabas-Evanglium in CMRBH enthält eine große, allerdings nicht vollständige Bibliographie https://brill.com/abstract/title/33768
- Das Barnabas-Evangelium – eine Chance für den
christlich-islamischen Dialog? https://buchvorstellungen.blogspot.com/2018/01/das-barnabas-evangelium-eine-chance-fur.html
mit Vorstellung der Forschungsarbeiten von:
Jan Slomp, Christine Schirrmacher, Gerard A. Wiegers, Míkel de Epalza
und Luis Bernabé Pons - Die religionsgeschichtliche Bedeutung der Iberischen Halbinsel für den "Trialog"
- Míkel de Epalza - Promotor des Iberischen Trialogs in der Geschichte
Relpäd/Slomp-Gospel of
Barnabas, 13.09.2018
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