Vorlage: Georges Berton / Francois
Place
(Übers. Daniela Nußbaum-Jacob):
Der mit den Vögeln sprach.
Eine Erzählung über Franz von Assisi.
Reihe:
Geschichten vom Himmel und der Erde
Lahr: Ernst Kaufmann /
Stuttgart: Klett 1996, 40 S., Abb.
(Übers. Daniela Nußbaum-Jacob):
Der mit den Vögeln sprach.
Eine Erzählung über Franz von Assisi.
Reihe:
Geschichten vom Himmel und der Erde
Lahr: Ernst Kaufmann /
Stuttgart: Klett 1996, 40 S., Abb.
Nacherzählung von Miriam
Conrad
und Julia Hellwig
im Rahmen des Seminars:
„Interreligöses Lernen
mit Heiligen Schriften
und Erzählungen
aus den Weltreligionen“
(TU Dortmund, WiSe 2016/2017)
und Julia Hellwig
im Rahmen des Seminars:
„Interreligöses Lernen
mit Heiligen Schriften
und Erzählungen
aus den Weltreligionen“
(TU Dortmund, WiSe 2016/2017)
In seiner Jugendzeit war Franziskus von Bernadone, den wir heute als
Franz von Assisi kennen, noch
ein völlig anderer Mann: Dank des Vermögens seines Vaters, ein reicher Stoffhändler von Assisi, lebte er in Saus und
Braus. Er träumte
von einer Karriere als Sänger, von schönen
Frauen und von militärischem
Ruhm. Doch seine Träume wurden
zerstört: Ein Krieg entbrannte
zwischen den Städten Assisi und Perugia und Franziskus musste ein Jahr lang in
Perugia als Gefangener leben.
Als er schließlich
nach Assisi in seine Heimatstadt zurückkehrte, hatte er sich völlig verwandelt: Er verschenkte sein
ganzes Geld an die Armen,
bis er alles weggegeben hatte, was er besaß. Auch betete er
oft stundenlang zu Gott
und fragte ihn, was er tun müsste, um ein Heiliger zu werden –
doch Gott antwortete nicht.
Eines Tages befand
sich Franziskus auf der Straße zwischen
Assisi und Spoleto, als er
die Kirche des heiligen Damian
erblickte. Fast hätte er sie
übersehen, da die Kirche kaum höher war als der Hafer,
der um sie herum wuchs.
Das Dach und die Mauern waren
morsch und verfallen, aber
trotzdem betrat Franziskus die kleine
Kirche.
Von einem vergoldeten Kreuz herab
lächelte ihn Christus an und Franziskus
hörte die Worte: „Kümmere dich um mein
Haus, damit es nicht zusammenfällt.“ Nun wusste Franziskus, was er zu tun hatte: In
Windeseile rannte er zum Laden
seines Vaters und verkaufte alle
Stoffe, die er dort fand. Von
den Einnahmen kaufte Franziskus
alles, was er für
sein neues Vorhaben benötigte
und kehrte zur Kirche zurück.
Als jedoch sein Vater den leeren Laden erblickte, bekam
er einen schrecklichen Wutanfall. In
seinem Toben wandte er sich an
den
Bischof, der Franziskus auf dem Marktplatz treffen
sollte. Der Bischof erklärte Franziskus,
dass es nicht richtig war, das
Eigentum seines Vaters einfach
zu stehlen.
Da begriff Franziskus plötzlich, dass er Gott nur mit
dem dienen konnte, was
ihm auch von Gott gegeben worden
war. So zog er sein Hemd aus und flüchtete sich nackt
in die Arme des Bischofs, der ihn mit seinem Mantel
bedeckte.
Von diesem Tag an war es
nichts Ungewöhnliches mehr, einem singenden jungen
Mann in einem alten Mantel
auf den Straßen von Assisi zu begegnen.
Franziskus lebte nun in völliger
Armut. Er dichtete Verse zum Lobe Gottes und sammelte Geld für die Instandsetzung der
Kirche. Selbst im tiefsten
Winter erklangen Franziskus' Lobgesänge auf
dem weißen Glanz des
Schnees und beim Funkeln des Raureifs. Doch nicht alle Menschen fanden
ihre Freude an der kalten Jahreszeit.
Die Bewohner der Städte Assisi, Gubbio
und Spoleto lebten in Angst und Schrecken, da ein gefährlicher
Wolf nachts sein Unwesen trieb und sich an Schafen, Hunden und sogar Menschen vergriff. So berieten
die Bürgermeister der drei
Städte, Franziskus um Rat zu fragen,
da ihnen bekannt war, dass
dieser mit allen Geschöpfen
Gottes vertraut war. Franziskus
Antwort war sehr ungewöhnlich:
Er schlug vor, mit dem Wolf einen
Vertag zu machen. Der Bürgermeister von Gubbio überlegte einige Zeit, willigte
dann jedoch in diesen
Vorschlag ein
und versprach, den Vertrag einzuhalten. Schließlich
war es soweit und Franziskus
sollte den Wolf vor den Toren der
Stadt treffen. Alle Einwohner
waren gekommen, um Franziskus
dabei zuzusehen, wie er sich
langsam dem Wolf näherte, dessen
Augen und Zähne blitzten.
Doch Franziskus schaute
dem Wolf fest in die Augen und dieser legte seine Pfote in die
Hand, die Franziskus ihm reichte: „Bruder Wolf, du prächtiges Geschöpf Gottes,
du bereitest mir große Sorge. Warum veranstaltest du so ein Gemetzel
und greifst Menschen und Tiere an?“ Der Wolf erklärte, dass er
dies nicht zum Spaß tun würde, sondern allein aus Hunger und da er berauscht
würde vom Geruch des Blutes.
Daraufhin prophezeite Franziskus dem Raubtier ein
glückliches Leben in Gubbio, wenn
der Wolf seine Lust
zu töten überwinden würde: „Jeden Morgen wird dir der Fleischer
ein gutes Stück Fleisch
zubereiten und die Kinder werden dein seidiges Fell
streicheln. Aber versprich mir zuerst, dich zu bekehren.“
Plötzlich erschien der Schimmer einer Rose am
Himmel und es begann sanft
zu regnen. Der Frühling hatte
sich angekündigt. Doch der Wolf begann zu weinen
und zwei große Tränen kullerten
in den Schnee.
Franziskus erkannte die Reue
des Wolfes und nahm ihn mit
in die Stadt. Zunächst waren
die Menschen gegenüber diesem gefährlichen
Tier misstrauisch, aber
der Bürgermeister empfing den
Wolf wie einen neuenMitbürger und ließ ihn zwischen der Kirche und dem großen
Platz in einer Hütte wohnen.
So nahm der Wolf an allen Veranstaltungen
der Stadt teil und als er schließlich starb, trauerte jeder Bewohner um ihn.
Als Franziskus im Kloster von Portiunkula
lebte, besuchte er jeden Morgen den wunderschönen Garten. Während
seiner täglichen Streifzüge
durch den Garten bemängelte Franziskus
die unablässige Arbeit der Ameisen
und des Gärtners, die ständig dabei waren,
Vorräte zu sammeln. Der
Gärtner, der wunderbares Gemüse anpflanzte,
vergaß dabei jedoch die schönen Blumen,
sodass Franziskus ihn daran erinnerte,
dies nachzuholen. Als der Gärtner
einige Rosen, Petunien und Ranunkeln angepflanzt
hat, kamen die Bienen angeflogen
und machten sich glücklich
auf den Blüten breit.
Auf dem
Weg zu einer Predigt entdeckte Franziskus
eine Lerche im Gebüsch.
Ihr unscheinbares Federkleid erinnerte Franziskus
daran, wie unwichtig Kleidung ist.
Außerdem lehrt sie den Menschen, die Dinge dieser
Welt zu schätzen. Während
einer Rast, bei der seine Brüder Angus
und Matteo, die ihn zur Predigt begleiteten, zur Ruhe kamen, predigte Franziskus zu den Vögeln. Er erinnerte die verschiedenen Vögel
daran, dankbar für das
zu sein, was sie haben. Denn
sie haben die Freiheit, zu fliegen, besitzen
ein schönes, buntes Federkleid, Nahrung im Überfluss,
ohne dass sie Arbeit verrichten
müssen. Er forderte die Vögel
dazu auf, singend davon zu fliegen.
Einen Tag später berichtete Franziskus der Gemeinde, die
sich wegen Geld gestritten hatten, von seinen Erlebnissen. Ihnen wurde bewusst,
dass es nicht wichtig ist, was
man besitzt, weil man auch mit wenig, glücklich
sein kann.
Eines Tages ging Franziskus mit seinem Bruder Paul
Richtung Stadt Osimo, um dort eines der
zahlreichen Klöster zu besuchen. Auf dem Weg dorthin begegneten ihnen eine Herde Schafe und Ziegenböcke. Die gesamte Herde tollte übermütig herum
und verteilte sich auf dem gesamten Weg.
Alle – bis auf ein Lamm, das sanft
und gehorsam seines Weges ging. Es erinnerte Franziskus an Jesus,
der genauso still und ohne Widerstand den
Soldaten während seines Kreuzzugs
folgte. Franziskus kam die
Idee auf, das Lamm
zu kaufen, doch leider
besaß er kein Geld. Dies machte
ihn sehr traurig, sodass ein vorüberziehender Händler auf ihn aufmerksam wurde.
Er schenkte ihm, ohne zu
zögern, einen Sack Geld, sodass Franziskus das Lamm kaufen
konnte. Da er aber so arm war und das Lamm nicht ernähren konnte, kam er auf die Idee, das Lamm den
Schwestern im Kloster von San Severino
zu schenken, was diese freudig
annahmen.
Im Kloster von Portiunkula lebte ein Bruder
namens Morico, der alle Vorschriften buchstabengetreu einhielt. Da jedoch Weihnachten anstand,
kam
ihm die Frage auf,
ob es an Weihnachten erlaubt ist Fleisch zu essen,
wenn das Fest auf
einen Freitag fällt. Franziskus erinnerte Morico daran,
dass an Weihnachten nicht gefastet
werden soll, auch wenn es
ein Freitag ist, da an diesem
Tag Gott als kleines Kind auf die Erde gekommen ist.
Einige
Tage später kehrte
Franziskus in die Nachbarstadt Greccio ein, um in einer Grotte
des Jean Veleta, ein Freund der Brüder, zu Weihnachten eine Krippe aufzubauen,
die der Krippe in Bethlehem gleicht. In der Heiligen Nacht
zogen viele Menschen zur Höhle hinauf, um die Geburt Jesu zu feiern.
Drei Jahre später war für Franziskus
die Zeit gekommen,
zu sterben und zu seinem Gott zurückzukehren. Während seiner letzten Stunden
sang er mit schwacher
Stimme gemeinsam mit seinen Brüdern
und Schwestern einen Lobgesang. Alsbald er gestorben
war, machten sich einige Lerchen auf dem Dach der
Hütte breit und stießen
lange, betrübte Töne aus.
Nach einiger Zeit erhoben
sie sich und flogen in die Weite des Himmels hinaus.
TU-DO, WiSe 2016/2017 – Franziskus nacherzählt, 13.01.2017
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