Übergabe eines Kapitels der königlichen Chronik an Salomo Weitere Bilder: hier |
Als
Salomo König des Königreichs Israel war, hatte er eine historische Kommission
beauftragt, eine Chronik über die Richter und Könige Israels zu verfassen. Nun
schickte er den neuesten Teil dieser Geschichtsschreibung in das Institut für
Moderne Geschichte der Jerusalemer Tempel-Behörde zurück - mit der Bemerkung: die priesterlichen Schreiber hätten offensichtlich
die Religionspolitik des Königs Salomo nicht richtig verstanden. Aus diesem
Grund sollten sie entsprechende Korrekturen am Text vornehmen.
Die
priesterlichen Historiker waren ganz schön sauer und in ihrem Stolz gekränkt: Wie könne man sich erlauben, unsere Geschichtsschreibung
zu korrigieren! Ihre Wut konnten sie aber dem König Israels gegenüber niemals
äußern, da schon Salomos Vater, König David nicht zimperlich war, wenn ihm Kritik
nicht passte und darum auch mit der Todesstrafen vorging. Als David die
Jebusiterfestung Jerusalem eroberte, stellte der König die Priester der Stadt
vor die Wahl, ihm und seinem Gott persönlich zu Diensten zu sein oder im Falle
der Verweigerung getötet zu werden. Natürlich wollten damals die Priester nicht
sterben und fügten sich, entfernten beispielsweise die Bilder des
Fruchtbarkeitsgottes und stellten sich im Prinzip ganz auf den Wüstengott der
siegreichen Israeliten ein – oder doch nicht so ganz?
Aber
erst einmal zurück zu den Historikern, die in der Bredouille steckten.
Einerseits sollten sie die Geschichte schreiben, so dass dem Gott, der das Volk
aus Ägypten geführt hatte, die Ehre gegeben würde, auf der anderen Seite waren
sie - und vor allem ihr Leben - von dem König abhängig. Jetzt fragte man sich,
wieso sich das widerspricht, dass Gott die Ehre gegeben wird und der König in
den Schriften trotzdem gut wegkommt. Was hatte er getan? Die Priester hatten ja
nicht ohne Grund Angst etwas zu schreiben, was den König in Rage bringen
könnte.
Das
Volk hatte es leichter. Davids Religionspolitik war schon sehr liberal. Es gab
keine Zwangsbekehrungen, die Leute durften weiterhin zu den Höhenaltären am
Rande von Jerusalem kommen. Doch Salomo, der mittlerweile König war, war
beinahe grenzenlos tolerant. Er brachte sogar regelmäßig Rauchopfer auf den
Höhen dar, sagte aber immer, es sei um Gottes Willen und zu Gottes Ehre, aber
jedermann wusste, wer da noch an diesen Höhenheiligtümern verehrt wurde. Auch
Mischehen zwischen der israelitischen Bevölkerung und dem Jebusitern waren die
Regel. Diese Toleranz gefiel den zwangsbekehrten Priestern und der
ultra-konservativen Fraktion im Institut so gar nicht und sie wollten am
liebsten der Toleranz entgegenwirken. Zumal man bedenken sollte, dass im 5. Buch Mose (Dtn 7,1) die Jebusiter vorgesehen waren durch die Israeliten
vernichtet zu werden. Also was macht Salomo für einen Unsinn?
2. Salomos Traum
Salomo
wagte es sogar ein riesiges Brandopfer mit 1000 Stieren darzubringen; damit
wollte er daran erinnern, dass er den Tempel in aller Pracht bald errichten
würde. Bei dieser Zeremonie hatte er eine Nacht im Heiligsten des Höhentempels
verbracht, eine Art Klausur in der Nähe des Brandopferaltars. In dieser Nacht
war ihm Gott im Traum erschienen und hatte gesagt: „Bitte, was ich dir geben
soll!“
Und
Salomo bittet um ein gehorsames Herz, damit er das Volk Gottes politisch führen
kann und verstehen kann, was gut und wascböse ist.
Das
gefiel Gott, weil Salomo um Verstand gebeten hatte, zuzuhören und recht zu
richten. So wurde ihm das von Gott geschenkt und auch das war er nicht erbeten
hatte, nämlich Reichtum und Ehre.
Salomo
wusste um die tiefe Bedeutung von Träumen. Gewissermaßen als Bestätigung des
Erlebten, eilte er nach Jerusalem zurück und brachte dort erneut ein
beachtliches Brandopfer dar, dieses Mal an der Stelle des künftigen Tempels, wo
bisher die hölzerne Truhe mit den steinernen Gebotstafeln stand.
3. Salomo auf den „Höhen“ seiner Zeit
Sein
Traumerlebnis ließ Salomo schnell verbreiten. Das war schon irgendwie komisch:
In seinem Traum sprach er zu Gott, dass auch sein Vater David immer aufrichtig lebte und sich
mit ehrlichem Herzen für Gerechtigkeit vor Gott einsetzte und er es nun auch so
tun wolle. Aber so treu hatte sich David keineswegs an die Gebote Gottes
gehalten, sonst wäre Salomo nie geboren worden. So wörtlich hielt sich auch
Salomo nicht an die Gebote, sondern pflegte durchaus eigenwillige Auslegungen.
Aber nach der Traumvision gingen die Bauarbeiter am Tempel noch zügiger voran.
Architektonischen Kennern von Bauzeichnungen fiel allerdings auf, dass das
Tempelmodell verblüffende Ähnlichkeiten mit den berühmten Tempeln in Ugarit
aufwies. Die Fundamentalisten witterten wieder einmal eine Religionsvermischung
und gefährliches Heidentum.
Salomo
fühlte sich bald wie ein orientalischer Großkönig. So gab es bald in seinem
Palast Ehefrauen, Nebenfrauen, Mätressen. Die Spitze des Eisbergs war es jedoch,
als Salomo eine ägyptische Prinzessin heiratete. Es war unvorstellbar! Jeder
Herrscher, der dem großen Salomo seine Aufwartung machte, brachte ein paar
Frauen mit: Inderinnen, Nubierinnen, schwarz und weiß, die halbe Welt spiegelte
sich in Salomos Harem.
Und
was diese Frauen alles glaubten !
Nun
war es nicht nur für die Fundamentalisten, sondern auch für manchen anderen
Frommen schon ein Skandal, was sich da täglich in Jerusalem an
Religionsvermischung abspielte. Man roch die vielen Göttinnen und Götter
förmlich. Denn zu allem Überfluss hatte sich fast jede dieser neuen Frauen des
Salomo einen Tempel, ein Tempelchen oder wenigstens einen Altar auf den Höhen
rings um Jerusalem bauen lassen. Der Geruch des multikulturellen und
multireligiösen Jerusalem stieg manchen ganz schön übel in die Nase. Und das
war durchaus wörtlich gemeint: Wer morgens aus dem Fenster blickte, sah überall
den Rauch der Opfertiere aufsteigen, hörte den Klang der Gebetsrufer in
ägyptisch, ammonitisch, edomitisch, phönizisch, persisch, griechisch, arabisch.
Ja, Jerusalem war sehr schnell wieder von der Stadt des einen Gottes zur multireligiösen Stadt verkommen. Und mancher
aggressive Fundamentalist hoffte insgeheim, dass der Gott Israel diesem
heidnischen Treiben endlich den Garaus machen möchte. Im Geiste sah er schon
die Strafe des ehemaligen Wüstengottes heraufziehen, der bekanntlich ein
eifersüchtiger Gott war und keine anderen Götter neben sich duldete.
Aber
so ein richtiger Widerstand gegen die Religionspolitik des Salomo kam nicht zustande,
der König war nämlich ziemlich gerissen. Er war klug und belesen, und nicht nur
diese ungeheure Belesenheit und argumentative Klugheit verblüffte, nein, er war
auch in der Lage, Erkenntnisse praktisch umzusetzen und auf diese Weise Ordnung
im Lande zu halten. Seine Klugheit bewies er zum Beispiel durch den Urteilsspruch
in folgender Geschichte von zwei zusammenlebenden Frauen.
„Und
die eine Frau sprach: Ach, mein Herr, ich und diese Frau wohnen in einem Hause, und ich gebar bei ihr im
Hause einen Sohn. Und drei Tage nachdem ich geboren hatte, gebar auch sie ein
Kind. Und wir waren beieinander, und kein Fremder war mit uns im Hause,
wirklich nur wir beide.
Und
der Sohn dieser Frau da starb in der Nacht, denn sie hatte ihn im Schlaf
erdrückt. Und sie stand in der Nacht auf und nahm meinen Sohn von meiner Seite,
als deine Magd schlief, und legte ihn in ihren Arm. Und ihren toten Sohn legte
sie in meinen Arm. Und als ich in der Morgenfrühe aufstand, um meinen Sohn zu
stillen, da war er tatsächlich tot. Als ich ihn aber am späteren Morgen genau
ansah, da war das doch gar nicht mein Sohn, den ich geboren hatte.
Die
andere Frau entgegnete: Nein, kein Wort ist wahr. Mein Sohn lebt, doch dein
Sohn ist tot. Die konterte natürlich: Nein mein Sohn lebt, und deiner ist tot!
Und so redeten sich vor dem König die Köpfe heiß. Der König hatte geschwiegen
und genau zugehört, dann sprach er: „Holt mir ein Schwert!“ Und als man das
Schwert vor den König brachte, sprach der: „Teilt das lebendige Kind in zwei
Teile, und gebt dieser die eine und jener die andere Hälfte. Da sagte die Frau,
deren Sohn lebte, zum König, denn ihr mütterliches Herz brannte in Liebe für
ihren Sohn, sie jammerte: „Ach, mein Herr, gebt ihr das Kind lebendig und tötet
es nicht!“ Die andere aber sagte: „Es sei weder mein noch dein, lasst es
teilen!“
Da
antwortete der König sehr deutlich: „Gebt dieser Frau das Kind lebendig und
tötet es nicht, sie ist nämlich die Mutter“ (1. Könige 3, 16-27).
Gerade
wegen eines solchen Urteil schätzte und fürchtete man den König.
So
gab es auch immer wieder Diskussionen und Vorträge, wo es um Gott und die Welt,
Ethik, Moral, Wirtschaft und Globalisierung und immer wieder um die Begegnung
mit Kulturen ging. Durch viele Gastgeschenke der Redner, konnte man bald die
Kultur der ganzen Welt in einer Ausstellung in Jerusalem bestaunen, deswegen sprach
man auch vom Haus der Kulturen.
Salomo
selbst schien trotzdem nicht zu den neuen alten Göttern zu beten, aber seine
Frauen durften alles. Er schien einen mehr philosophischen Gottesglauben zu
haben, da er vor allem an die Weisheit Gottes glaubte, die ihn in seiner
Traumnacht zu durchströmen schien.
Natürlich
wollten die Fundamentalisten Salomo ständig der Ketzerei überführen, aber
Salomo schien immer zu klug zu sein, so dass sie es nie schafften.
Der
Widerstand schien also zwecklos und auch wenn Salomo sehr weltoffen war, schrak
er nicht zurück wenn es um eine Verschwörung gegen ihn ging. Auch er besann
sich dann auf die Todesstrafe.
Wie
schrieben die Priester-Gelehrten nun die anfangs erwähnte Geschichtsschreibung
um, ohne in Gefahr zu geraten? Sie korrigierten den Text und ließen damit Salomo
wohlgefällig erscheinen. Er lautete so:
„Salomo aber hatte den Herrn lieb und
wandelte nach den Satzungen seines Vaters David. Und Salomo ging nach Gibeon,
einer alten jüdischen Kultstätte aus der Richterzeit, um dort zu opfern. Denn
es war bis zur Einweihung des Tempels in Jerusalem die bedeutendste Opferstätte
des Gottes Israel. Und Salomo opferte dort 1000 Brandopfer auf dem Altar. Und
der Herr erschien Salomo zu Gibeon im Traum des Nachts“ (1. Kön 3, 4+5).
Die
Priester verfassten jedoch heimlich auch eine Parallelausgabe, wo sie schrieben
wie sie dachten und was sie für wahr empfanden. Dieser Text kam aber zu Zeiten von
Salomo nicht mehr ans Tageslicht. Die entsprechenden
Zeilen lauteten:
„Und Salomo verschwägerte sich mit dem
Pharao, dem König von Ägypten und nahm eine Tochter des Pharao zur Frau und
brachte sie in die Stadt Davids, und zwar in den Stadtpalast, bis er sein neues
Palais am Rande von Jerusalem und den Tempel Gottes sowie die Mauer um Jerusalem gebaut hatte. Aber das Volk opferte immer
noch auf den Höhen. Salomo gebot diesem heidnischen Treiben keinen Einhalt,
sondern räucherte sogar selbst für und mit seinen Frauen auf den Höhen.
Allerdings meinte er durchaus im Sinne seines Vaters David und im Sinne der
Gebote Gottes zu handeln, aber der Unterschied zum Gott Israels war
offenkundig, besonders als er zu der alten kanaanäischen Kultstätte nach Gibeon
fuhr und dort 1000 Rinder opferte“ (1.Kön 3,1-4).
Neu interpretiert und bebildert von Jessica
Gutberlet, Alina Schweer, Anna Kwasniok
im Rahmen des Seminars „Interreligiöses Lernen mit Heiligen Schriften
und Erzählungen aus den Weltreligionen“ (TU Dortmund, WiSe 2016/2017)
im Rahmen des Seminars „Interreligiöses Lernen mit Heiligen Schriften
und Erzählungen aus den Weltreligionen“ (TU Dortmund, WiSe 2016/2017)
Hinweis: Einige
Textabschnitte sind teilweise aus dem Originaltext (aus ICT 18) übernommen,
jedoch nicht durch Anführungszeichen kenntlich gemach t!
jedoch nicht durch Anführungszeichen kenntlich gemach t!
Die Vorlage:
Reinhard Kirste: Die Höhenheiligtümer des Salomo
oder die Vorzüge des religiösen Pluralismus.
In: Iserlohner Con-Texte Nr. 18 (ICT 18). Iserlohn 2003, PDF-Ausgabe 2009, S. 10- 16
Direktlink: https://drive.google.com/file/d/0B35EiO88xc00eVhyNzc0NUhUV0E/view
Reinhard Kirste: Die Höhenheiligtümer des Salomo
oder die Vorzüge des religiösen Pluralismus.
In: Iserlohner Con-Texte Nr. 18 (ICT 18). Iserlohn 2003, PDF-Ausgabe 2009, S. 10- 16
Direktlink: https://drive.google.com/file/d/0B35EiO88xc00eVhyNzc0NUhUV0E/view
Reinhard Kirste
Relpäd/Salomo-Höhenheiligtümer,
03.12.2016
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