Die Feuerprobe auf dem Karmel. Hans Holbein der Jüngere (1497–1543) (Wikipedia) |
Der Religionspädagoge Hubertus Halbfas hat in seiner
Bibelausgabe einen ganzen Abschnitt zum Thema zur Gewalt in der Bibel eingefügt [1]: »Durchweg wirkt es verwirrend, dass
die in Israel geschehende Gewalt ebenso ungehemmt erzählt wird, wie die in
Israel und durch Israel ausgeübte Gewalt. Das ist insofern positiv, als hier
Gewalt nicht verschleiert wird … Daneben ist nicht zu verkennen, dass sich mit
der Durchsetzung eines strengen Monotheismus die Tendenz zu Intoleranz und
Gewalt verbindet.
Die Einschärfung des biblischen Bilderverbotes ging einher
mit dem Verbot der Fremdkulte. Sobald eine Religion. Sobald eine Religion nur
einen einzigen Gott bekennt und ihren Offenbarungsglauben absolut setzt, wird
sie unduldsam gegenüber pluralen Systemen und tendiert zur militanten
Bekämpfung jeder Abweichung.«
Elia und dann Elisa bringen sich voll
in die Auseinandersetzung zwischen den rivalisierenden Gottesvorstellungen und
politischen Machenschaften mit seiner Gemahlin Isebel, einer phönizischem
Prinzessin ein. Mit ähnlichen religiösen Konflikten haben auch die Könige Ahasaja, Joram und Jehu (854/53-815/14) zu kämpfen.
Bisher hat der Prophet Elia den Kürzeren gezogen, ja er wurde zugleich mit einer Reihe anderer JHWH-Propheten verfolgt und musste wegen seines vehementen monotheistischen Gottesglaubens in den Untergrund gehen (1. Könige 17). Politischer Hintergrund dieser Auseinandersetzung dürfte gewesen sein, dass die israelitischen Könige in ständigem diplomatischem Kontakt mit ihren Nachbarn standen und damit auch gegenüber deren religiösen Vorstellungen entsprechende Toleranz walten ließen, was offensichtlich bis zu politischen Heiraten ging. Damit dürfte im 9./8. Jahrhundert in Israel auch ein erheblicher religiöser Synkretismus geherrscht haben.
Bisher hat der Prophet Elia den Kürzeren gezogen, ja er wurde zugleich mit einer Reihe anderer JHWH-Propheten verfolgt und musste wegen seines vehementen monotheistischen Gottesglaubens in den Untergrund gehen (1. Könige 17). Politischer Hintergrund dieser Auseinandersetzung dürfte gewesen sein, dass die israelitischen Könige in ständigem diplomatischem Kontakt mit ihren Nachbarn standen und damit auch gegenüber deren religiösen Vorstellungen entsprechende Toleranz walten ließen, was offensichtlich bis zu politischen Heiraten ging. Damit dürfte im 9./8. Jahrhundert in Israel auch ein erheblicher religiöser Synkretismus geherrscht haben.
Der niederländische Theologe Anton Wessels beschreibt sehr schön
die Veränderung des Jahweglaubens nach der Einwanderung der nomadisierenden
Stämme und im Kontext der Staatsbildung Israels: »Die Israeliten begannen den
kanaanäischen Fruchtbarkeitsgott Baal zu verehren, als sie das Nomadentum mit
dem Ackerbau der Sesshaften vertauscht hatten. Wie die Dinge lagen, war es
notwendig, sich Baal, dem Gott des Landes, in der neuen Landbau-Situation
zuzuwenden, weil dieser Gott Regen und Fruchtbarkeit geben konnte. Es ist sehr
wahrscheinlich, dass viele Bräuche und Riten, die mit der Bearbeitung des
Landes verbunden waren, einen religiösen Charakter hatten und in diesem Sinne
an Baal gebunden waren. Es kann nicht geleugnet werden, dass Jahwe viele Züge
Baals übernahm.«[2]
Politisch und wirtschaftlich kommt
erschwerend hinzu, dass Ahab einen diktatorischen Regierungsstil pflegte, der
den Untertanen im Zweifelsfall jegliches Recht nahm (man denke an die Enteignung
von Naboths Weinberg, 1 Kön 21).
Die Auseinandersetzung mit den
Baalspropheten trieb nun Elia auf die Spitze, um deutlich zu machen, dass JHWH
auch für den Regen zuständig war und Baal damit überflüssig wurde. Dass die
Opferdemonstration noch dazu auf dem Karmel geschieht, hat insofern politische
Bedeutung, als hier etwa die Grenze zwischen Israel und Tyrus verlief. Eine
bedrohliche Dürre bietet nun die Möglichkeit, die erlittene Schmach zu
beseitigen, und nun durch die Machtdemonstration des Gottes Israel die
Machtverhältnisse umzukehren und damit Baal endgültig als konkurrierenden Gott
auszuschalten. Die sich schon auswirkende Hungersnot war der sich verschärfende Anlass. Die Ausführung eines religiösen „Wettbewerbs“ auf Leben und Tod
geschieht nun auf ausgesprochen brutale Weise. Zuerst jedoch werden die
Opferstätten vorbereitet, Die Opfertiere und das Feuerholz werden fachmännisch
aufgeschichtet. Dann soll die Anrufung des jeweiligen Gottes erfolgen und der
mächtigere Gott soll sich kundtun, indem sich das Feuerholz für die Brandopfer
von selbst, d.h. durch die Hand des jeweiligen Gottes entzündet.
»Nun trat Elia vor alles Volk hin und
sprach: Wie lange wollt ihr noch auf beiden Seiten hinken? (= eine Anspielung
auf die Art des Ritualtanzes, wie sie die Baalspriester betrieben). Ist der
Herr (der wahre) Gott, so haltet euch zu ihm; ist’s aber Baal, so haltet euch
zum ihm« (18,21). Das Volk gibt jedoch keine Antwort und wartet die religiöse
Demonstration ab. Trotz aller intensiven Beschwörung Baals durch die 450
Priester bleibt ihr Opferaltar „kalt“.
Nun ist Elia an der Reihe, zuerst wird
der Brandopferaltar noch dreimal >gewässert<, so dass eine menschliche
List bei dem Entzünden des Opferfeuers unmöglich ist. Dann betet Elia, dass
JHWH als der wahre Gott erkannt werden soll: »Erhöre mich, o Herr, erhöre mich!
Damit dieses Volk erkenne, dass du Herr, (der wahre) Gott bist und dass du ihr
Herz herumgewendet hast. Da fiel das Feuer des Herrn herab und verzehrte das
Brandopfer und den Holzstoß, die Steine auf dem Erdboden, auch das Wasser im
Graben leckte es auf. Als das Volk dies sah, fielen sie alle auf ihr Angesicht
und riefen: Der Herr ist Gott! Der Herr ist Gott! Elia aber sprach zu ihnen:
greift die Baalspropheten! Keiner von ihnen soll entrinnen! Man ergriff sie,
und Elia führte sie hin an den Bach Kison und schlachtete sie daselbst«
(18, 37-40).
(18, 37-40).
Hier spielt sich ein geradezu
unglaublicher Racheakt ab, den Elia auch noch selbst im Stile göttlicher
Lynchjustiz vollzieht. Auch wenn der ersehnte Regen kommt, so ist mit diesem
Massaker neue Aggression und Rache gesät: »Und Ahab erzählte Isebel alles, was
Elia getan hatte und wie er alle Propheten mit dem Schwert getötet hatte. Da
sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: Bist du Elia, so bin ich
Isebel ! Die Götter sollen mir dies und das antun, wenn ich nicht morgen um
diese Zeit dir tue, wie du ihnen getan hast! Da fürchtete er (Elia) sich,
machte sich auf und ging fort, sein Leben zu retten«
(1. Kön 19,1-3).
(1. Kön 19,1-3).
Im Folgenden wird dann erzählt, dass
diese Bluttat offensichtlich die Seele des Propheten so verwundet hatte, dass er
beschließt, in die Wüste zu gehen, um dort zu sterben. Dass es anders kommt und
Elia schließlich am Berge Sinai (Horeb) den einen Gott als sanft wehenden Wind
erfährt, zeigt, dass die Mission des Elia noch nicht zu Ende ist.[3]
Dies alles ändert aber nichts daran,
dass diese Geschichte einen unangenehmen Nachgeschmack hinterlässt: Ein
Gewalttäter als Prophet des wahren Gottes!
Zwar lässt sich diese Geschichte historisch nachvollziehen, aber die
Fragwürdigkeit einer Durchsetzung des einen wahren Gottes, indem die anderen das
Blutopfer als Kosten bezahlen, kann weder exegetisch gerechtfertigt noch in
irgendeiner Weise als heutige Empfehlung für den Monotheismus angesehen werden.
Mich wundert sowieso, dass fast alle Exegeten ohne jeglichen moralischen
Aufschrei die Textzusammenhänge hier interpretieren.
Interreligiös gesehen stellt sich das
Problem aber noch ganz anders, nämlich welche friedfertigen Möglichkeiten es
gibt, angesichts rivalisierender Gottesvorstellungen eine Gesellschaft
aufzubauen, die in Frieden miteinander lebt. Weder Elia noch Isebel haben eine
Möglichkeit aufgezeigt.[4]
Da die Königsgeschichten natürlich die
Tendenz der in Israel Glaubenden widerspiegeln, muss man fragen, ob nicht heute
die Geschichte so erzählt werden könnte, dass gewissermaßen beide Opferaltäre
vielleicht zugunsten eines gemeinsamen interreligiösen Gebetes um Regen
abgebaut werden könnten.
Aus: Reinhard Kirste:
Die Bibel interreligiös gelesen.
Interkulturelle Bibliothek Bd. 7. Nordhausen: Bautz 2006, S. 49–53
(etwas bearbeitet, 30.11.2016)
Interkulturelle Bibliothek Bd. 7. Nordhausen: Bautz 2006, S. 49–53
(etwas bearbeitet, 30.11.2016)
[1] Hubertus
Halbfas: Die Bibel erschlossen und kommentiert. Düsseldorf: Patmos 2001, S.
134-135
[2] Anton
Wessels: Biblische Voraussetzungen für und gegen den Synkretismus.
In: R. Kirste / P. Schwarzenau / U. Tworuschka (Hg.): Interreligiöser Dialog zwischen Tradition und Moderne.
Religionen im Gepräch, RIG 3. Balve: Zimmermann 1994, S. 85.
Besonders beeindruckend hat das herausgehoben David Penchansky:
Twilight of the Gods. Polytheism in the Hebrew Bible.
Louisville (Kentucky): Westminster / John Knox Press 2005, S. 75-77.
In: R. Kirste / P. Schwarzenau / U. Tworuschka (Hg.): Interreligiöser Dialog zwischen Tradition und Moderne.
Religionen im Gepräch, RIG 3. Balve: Zimmermann 1994, S. 85.
Besonders beeindruckend hat das herausgehoben David Penchansky:
Twilight of the Gods. Polytheism in the Hebrew Bible.
Louisville (Kentucky): Westminster / John Knox Press 2005, S. 75-77.
[3] Vgl. André Lemaire: Naissance du Monotheisme,
aaO 68-71 und:
--- Oswald Loretz: Ugarit und die Bibel. (1990)
--- Vorstellung des Buches und Rezension von A Lemaire: hier
Kanaanäische Götter und Religion im Alten Testament. Darmstadt: WBG 1990. S. 165f
--- Oswald Loretz: Ugarit und die Bibel. (1990)
--- Vorstellung des Buches und Rezension von A Lemaire: hier
Kanaanäische Götter und Religion im Alten Testament. Darmstadt: WBG 1990. S. 165f
[4] Von daher reicht es m.E. nicht im Blick auf
eine Elementarisierung dieser Geschichte, diese einfach auf das Gerichts- und
Heilshandeln Gottes hin zu ordnen und im Kontext eines Massakers auf den Ausschließlichkeitsanspruch
Gottes hinzuweisen, so Karl Ernst Nipkow in: Bildungsverständnis im Umbruch.
Religionspädagogik im Lebenslauf. Elementarisierung. Pädagogik und
Religionspädagogik zum neuen Jahrhundert, Bd. 1.
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2005, 322-324.
Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2005, 322-324.
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