Sonntag, 20. Juli 2014

Jesus im Koran - islamische Sichtweisen im Dialog



Jesus zwischen Christen und Muslimen
Der Islam ist die einzige Religion, die nicht nur Jesus als Vorbild ernst nimmt, sondern ihn unverzichtbar für den Weg zum Heil hält. In der Reihe der Gesandten bzw. Propheten von Adam über Noah und Mose steht Jesus unmittelbar vor dem letzten Propheten Mohammed. Der Koran betont seine große Nähe zur biblisch-christlichen Tradition nicht nur dadurch, dass Jesus als Jungfrauensohn geboren wird, sondern dass er als das unerschaffene Wort Gottes in die Welt kommt. Würde man Jesus nicht im Koran finden, fehlte ein wesentliches Element in der Kette der Gottesoffenbarungen. So geht auch der Islam von der realen Existenz Jesu aus. Als Prophet und Apostel, als Gesandter ist er gleichzeitig der Messias Israels.

Wie verhalten sich diese „christologischen“ Aussagen nun zum Anspruch des Christentums in Jesus nicht nur ein Vorbild und Propheten, sondern den Sohn Gottes und den „Heiland der Welt“ zu sehen? Sind das unüberbrückbare Aussagen zwischen beiden Religionen oder gibt es Annäherungen, die einen Gewinn im Verständnis Jesu sowohl für Christen und Muslime bringen?



2.  Übersicht zum Vorkommen Jesu im Koran
Die Worte "Jesus" bzw. arabisch „Isa“ erscheinen 27 Mal in 27 Versen im Koran.    
Die deutschen Korantexte sind Kompilierungen aus mehreren Übersetzungen.
Sure 2 – Al-Baqara (Medina),
„die Kuh“:  
Jesus hat göttliche Eingebungen, ähnlich den anderen Propheten
(1)  Wahrhaftig, Wir gaben Moses das Buch und ließen ihm die Gesandten nachfolgen; und Wir gaben Jesus, dem Sohn Marias, die klaren Beweise und unterstützten ihn durch heilige Eingebung. Doch sooft euch ein Gesandter etwas brachte, was euch nicht gefiel, wart ihr hochmütig und erklärtet einige für Lügner und erschlugt andere! (Sure 2,87)
(2)  Sprecht: "Wir glauben an Gott und an das, was uns herabgesandt worden ist, und was Abraham, Ismael, Isaak, Jakob und den Stämmen (Israels) herabgesandt wurde, und was Moses und Jesus gegeben wurde, und was den Propheten von ihrem Herrn gegeben worden ist. Wir machen zwischen den Propheten keinen Unterschied, und Ihm sind wir ergeben." (Sure 2,136)
(3)  Dies sind die Gesandten. Wir haben einigen von ihnen den Vorrang gegenüber anderen gegeben. Unter ihnen sind einige, zu denen Gott gesprochen hat, und einige, die Er um Rangstufen erhöht hat. Und Wir gaben Jesus, dem Sohn Marias, die klaren Beweise und unterstützten ihn durch heilige Eingebung. Und wenn Gott es gewollt hätte, dann hätten sich diejenigen, die nach ihnen kamen, nicht gegenseitig bekämpft, nachdem klare Beweise zu ihnen gekommen waren. Sie wurden jedoch uneins. Die einen von ihnen waren gläubig, die anderen ungläubig. Wenn Gott es so gewollt hätte, dann hätten sie sich nicht gegenseitig bekämpft. Doch Gott tut, was Er will. (Sure 2,253)
Sure 3 – Al-Imran (Medina), „die Sippe Imrans“:   
Jesus, von Gott geschaffen, Helfer auf dem Weg zu Gott, seine Erhöhung zu Gott
4)  Damals sprachen die Engel: "O Maria, siehe, Gott verkündet dir ein Wort von Ihm; sein Name ist der Messias, Jesus, der Sohn der Maria. Er ist im Diesseits und im Jenseits angesehen und ist einer von denen, die (Gott) nahestehen. Er wird zu den Mnshen schon in er Wiege sprechen und als Erwachsener wird er zu den rechtschaffenen gehören. (Sure 3,45f)
(5)  Und als Jesus ihren Unglauben wahrnahm, sagte er: "Wer ist mein Helfer (auf dem Weg) zu Gott?" Die Jünger sagten: "Wir sind Gottes Helfer; wir glauben an Gott, und (du sollst) bezeugen, dass wir (Gott) ergeben sind.“ (Sure 3,52)
(6)  Damals sprach Gott: "O Jesus, siehe, Ich will dich sterben lassen und will dich zu Mir erhöhen und will dich von den Ungläubigen befreien und will deine Jünger über die Ungläubigen setzen bis zum Tag der Auferstehung. Alsdann werdet ihr zu Mir wiederkehren, und Ich will zwischen euch richten über das, worüber ihr uneins wart. (Sure 3,55)
(7)  Wahrhaftig, Jesus ist vor Gott dem Adam gleich; Er erschuf ihn aus Erde, alsdann sprach Er zu ihm: "Sei!" und da war er. (Sure 3,59)
(8)  Sprich: "Wir glauben an Gott und an das, was uns offenbart worden ist, und was herabgesandt worden ist auf Abraham und Ismael und Isaak und Jakob und die Stämme (Israels), und was Moses und Jesus und den Propheten von ihrem Herrn gegeben worden ist; wir machen keinen Unterschied zwischen ihnen, und Ihm sind wir ergeben.“ (Sure 3,84)
Sure 4 – Al-Nisa (Medina), „die Frauen“: Jesus, der Messias in der Prophetenlinie von Anfang an,
Gesandter Gottes
(9)  Und sie sagten: "Wir haben den Messias, Jesus, den Sohn der Maria, den Gesandten Gottes, getötet", während sie ihn doch weder erschlagen noch gekreuzigt hatten, sondern sondern es handelte sich um eine ähnliche Gestalt; und jene, die in dieser Sache uneins sind, sind nämlich im Zweifel darüber; sie haben keine Kenntnis davon, sondern folgen nur einer Vermutung; und sie haben ihn nicht mit Gewissheit getötet.
(Sure 4,157)
(10)  Wahrhaftig, Wir haben dir offenbart, wie Wir Noah und den Propheten nach ihm Ofenbarungen zukommen ließen. Und Wir offenbarten Abraham, Ismael, Isaak, Jakob, den Stämmen (Israels) die Folgenden: Jesus, Hiob, Jona, Aaron und Salomo; und Wir haben David eine Schrift gegeben.
(Sure 4,163)
(11)  O Leute des Buches, übertreibt euren Glauben nicht und sagt von Gott nichts als die Wahrheit. Wahrhaftig, der Messias, Jesus, Sohn der Maria, ist nur der Gesandte Gottes und Sein Wort, das Er Maria gebracht hat, und das ist von Seinem Geist. Darum glaubt an Gott und Seine Gesandten, und sagt nicht: "Drei." Lasst (davon) ab – (das) ist besser für euch. Gott ist nur ein einziger Gott. Es liegt Seiner Herrlichkeit fern, Ihm ein Kind zuzuschreiben. Sein ist, was in den Himmeln und was auf Erden ist; und Gott genügt als Sachwalter. (Sure 4,171)
Sure 5 – Al-Ma’ida (Medina), „der Tisch“: Jesus brachte Rechtleitung, Evangelium, Ermahnung, Heilung, Wunder, Bestätigung der Tora. Jesus ist kein Gott und Maria keine Göttin
(12) Und Wir ließen ihnen Jesus, den Sohn der Maria, nachfolgen – als Bestätigung dessen, was vor ihm in der Tora stand; und Wir gaben ihm das Evangelium, worin Rechtleitung und Licht war. Es ist die Bestätigung dessen, was vor ihm in der Tora war und als Rechtleitung und Ermahnung für die Gottesfürchtigen gesagt wurde. (Sure 5,46)
(13)  Verflucht wurden die Ungläubigen unter den Kindern Israels durch Mund Davids und  durch Jesus, den Sohn der Maria. Dies geschah, weil sie ungehorsam waren und (gegen die Gebote) verstießen. (Sure 5,78)
(14)  Wenn Gott sagen wird: "O Jesus, Sohn der Maria, gedenke Meiner nach Deiner Gnade für dich und für deine Mutter. Erinnere dich, wie Ich dich stärkte mit heilige Eingebung – du sprachst zu den Menschen sowohl in der Wiege als auch im Mannesalter; und wie Ich dich die Schrift und die Weisheit lehrte und die Tora und das Evangelium; und wie du mit Meiner Erlaubnis aus Ton  formtest, was wie Vögel aussah. Du hauchtest ihnen dann (Atem) ein, und so wurden sie mit Meiner Erlaubnis zu (wirklichen) Vögeln; und wie du mit Meiner Erlaubnis die Blinden und die Aussätzigen heiltest; und wie du mit Meiner Erlaubnis die Toten erwecktest; und wie Ich die Kinder Israels von dir zurückhielt, als du ihnen deutliche Zeichen gabst und die Ungläubigen unter ihnen sagten: „Das ist nichts als offenkundige Zauberei.“ (Sure 5,110)
(15)  Als die Jünger sagten: "O Jesus, Sohn der Maria, ist dein Herr imstande, uns einen Tisch (mit Speisen) vom Himmel herabzusenden?", da sagte er: "Fürchtet Gott, wenn ihr Gläubige seid.“
(Sure 5,112)
(16)  Da sagte Jesus, der Sohn der Maria: "O Gott, unser Herr, sende uns einen Tisch (mit Speisen) vom Himmel herab, dass er ein Fest für uns sei, für den Ersten von uns und für den Letzten von uns, und ein Zeichen von Dir; und versorge uns; denn Du bist der beste Versorger." (Sure 5,114)
(17)  Und wenn Gott sprechen wird: "O Jesus, Sohn der Maria, du hast zu den Menschen gesagt: „Nehmt mich und meine Mutter als zwei Götter neben Gott?“ da wird er antworten: "Gepriesen seist Du. Nie könnte ich das sagen, wozu ich kein Recht hatte. Hätte ich das gesagt, würdest Du es sicherlich wissen. Du weißt, was in meiner Seele ist, aber ich weiß nicht, was Du in Dir hegst. Du allein bist der Allwissende des Verborgenen. (Sure 5,116)
Sure 6 – Al-An’am (Mekka), „das Vieh“: Die Gerechten der Bibel
(18)  Und (Wir führten) Zacharias, Johannes, Jesus und Elia; sie alle gehörten zu den Rechtschaffenen.
(Sure 6,85)
Sure 19 – Maryam / Maria (Mekka): Jungfrauengeburt; Jesus wurde das Evangelium gegeben
(19)  Er (Jesus) sagte: "Ich bin ein Diener Gottes; Er hat mir das Buch gegeben und mich zu einem Propheten gemacht. (Sure 19,30)
(20)  Das ist Jesus, der Sohn der Maria – das ist ein Wort der Wahrheit, über das sie uneins sind.
(Sure 19,34)
Sure 33 – Al-Ahzab (Medina), „die Parteien“: Gottes Bund mit Noah, Abraham, Moses und Jesus
(21)  Dann schlossen Wir mit den Propheten den Bund, ebenso mit dir und mit Noah, mit Abraham und Moses und mit Jesus, dem Sohn der Maria. Und Wir legten ihnen mit diesem Bundesschluss eine schwere Verantwortung auf.
(Sure 33,47)
Sure 42 – Al-Shura (Mekka), „die Beratung“:        
Die eine Religion für Noah, Abraham, Moses und Jesus, zugleich Zeichen der Erwählung
(22)  Er hat für euch die Religion Glauben angeordnet, die Er Noah anbefahl.  Wir haben sie auch dir offenbart, ebenso wie Abraham, Moses und Jesus. Das bedeutet, in der Einhaltung der Religion treu zu bleiben und euch deswegen nicht zu spalten. Hart ist für die Götzendiener das, wozu du sie aufrufst. Gott erwählt dazu, wen Er will, und leitet dazu den an, der sich bekehrt. (Sure 42,13)
Sure 43 – Al-Zukhruf (Mekka), „der Prunk“: Zur Eschatologie des Korans  
Jesus ist Vorzeichen des Endgerichts und zugleich, ethischer Aufruf
(23)   Denn wahrhaftig, er (Jesus) ist ein Erkennungszeichen für die Stunde (des Gerichts). Zweifelt nicht daran, sondern folgt Mir. Das ist ein gerader Weg. (Sure 43,61)
(24)  Und als Jesus mit klaren Beweisen kam, sagte er: "Wahrlich, ich bin mit der Weisheit zu euch gekommen, und um euch etwas von dem zu verdeutlichen, worüber ihr uneinig seid. So fürchtet Gott und gehorcht mir. (Sure 43,63)
Sure 57 – Al Hadid (Medina), „das Eisen“:            
Wer dem Evangelium Jesu folgt, hat Gottes Wohlgefallen, (zölibatäres) Mönchtum ist nicht nötig.
(25)  Dann haben Wir Unsere Gesandten mit deutlichen Zeichen gesandt ... Und Wir ließen (ihnen) Jesus, den Sohn der Maria, nachfolgen. Wir gaben ihm das Evangelium. Und in die Herzen derer, die ihm nachfolgten, legten Wir Güte und Barmherzigkeit. Doch das Mönchtum, das sie erfanden, um Gott wohlzugefallen – das haben wir ihnen nicht vorgeschrieben; sie kümmerten sich jedoch darum nicht in der rechten Weise. Dennoch gaben Wir denen von ihnen, die gläubig waren, ihren Lohn, aber viele von ihnen waren Frevler. (Sure 57,27)
Sure 61 – Al–Saff (Medina), „die Reihe“: Jesus bestätigt die Tora
(26)   Und da sagte Jesus, der Sohn der Maria: "O ihr Kinder Israels, ich bin als Gottes Gesandter bei euch, ich bestätige das, was als Tora vor mir gewesen ist: Ich verkündige euch einen Gesandten, der nach mir kommen wird. Sein Name wird Ahmad sein." Und als er ihnen Beweise vorlegte, sagten sie: "Das ist offenkundige Zauberei.“ (Sure 61,6)
(27)  O ihr, die ihr glaubt, seid Gottes Helfer so wie Jesus, der Sohn der Maria, der zu den Jüngern sagte: "Wer sind meine Helfer (auf dem Weg) zu Gott?" Die Jünger sagten: "Wir sind Gottes Helfer." So glaubte ein Teil der Kinder Israels, während ein anderer Teil ungläubig blieb. Da verliehen Wir denen, die glaubten, Stärke gegen ihre Feinde, und sie bekamen die Oberhand. (Sure 61,14)

3.  Folgerungen: Jesus, seine Ehrentitel und die Einzigkeit Gottes
Nach einer Reihe von Aussagen des Korans verträgt sich also der Glaube an die Einheit und Einzigkeit Gottes nicht mit dem Gedanken einer göttlichen Wesenheit Jesu. Aber Jesus erfüllt das Gesetz des Mose und bahnt den Weg für das neue Wort Gottes, das durch Mohammed verkündet wird. Von daher spielen Überlegungen zur Gottessohnschaft oder gar zur Trinität für den eigenen muslimischen Glauben keine Rolle, ja wirken sich hindernd aus.
Der Koran geht von der realen Existenz Jesu aus, er sieht ihn als Propheten und Gesandten und gleichzeitig als den Messias Israels. Der Titel »Messias« taucht achtmal im Koran auf. Jesus ist ebenfalls das Evangelium, das Wort Gottes, weil er es gebracht hat.
Es gibt nach diesem Verständnis eine Kontinuität von Jesus zu Mohammed, denn nach dem Johannes-Evangelium, weist Jesus auf den Parakleten (= Beistand, Tröster) hin, der nach ihm kommen wird, ein deutlicher Hinweis für den Muslim auf den letzten Propheten, nämlich Mohammed
Vgl. R. Kirste: Die Bibel interreligiös gelesen. 2006, S. 124–125 zu Joh 16,7–8 unter Bezugnahme auf 14,6: Jesus als der Weg, die Wahrheit und das Leben.
Jesus erfüllt das Gesetz des Mose. Seine Bedeutung als Gesandter ist bleibend und für den Glauben an Gott unerlässlich.
Der Muslim hält die Überlieferung vom Kreuzestod Jesu für eine Legende, denn Gott lässt die Seinen nicht im Stich. Im Koran finden sich erstaunlich viele Aussagen zum Leben und Wirken Jesu, die seine Geburt von der Jungfrau Maria, seine Auferstehung und Himmelfahrt umgreifen, aber es bleibt gegen die christliche Trinitätslehre gesagt: Gott ist einer und nicht drei
(vgl. Sure 4,171).
Jesus ist in Wirklichkeit nicht getötet und gekreuzigt worden. Es erschien vielmehr ein anderer, der ihm ähnlich war und den sie mit Jesus verwechselten (Simon von Kyrene?). Nach einer anderen Deutung der entscheidenden Sure 4,157 hat Gott Jesus ohne Tod zu sich in den Himmel erhoben.
Folglich hat Jesus weder sich noch seine Mutter zu Göttern erklärt (vgl. Sure 5,116)
Nach dem Fortgang Jesu wurden die Glaubenden uneins; das hat auch zum Unglauben geführt, wie Sure 19,37 betont.

4.  Details: Typiken der Jesusbilder
Mikel de Epalza – Jesus zwischen Juden, Christen und Muslimen. Interreligiöses Zusammenleben auf der Iberischen Halbinsel (6.–17. Jahrhundert). Frankfurt/M.: Lembeck 2002
Überarbeitet 2012 und als PDF-Datei zum Download: hier             

Rezension des Titels: hier
5.  Ergebnis: Der islamische Jesus in Konkurrenz zum christlichen Jesus?
Fragen zum Dialogverständnis:
  • Welche Stellung hat Jesus im Koran im Blick auf die Einzigkeit Gottes?
  • Wie wird der Glaubenssatz: »Empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria« durch den Islam aufgenommen?
Für Muslime gehört es zu den Selbstverständlichkeiten des Glaubens, Jesus Christus zu verehren. Darum fügen viele seinem Namen die Worte hinzu „der Friede Gottes sei auf ihm", so wie sie es auch tun, wenn sie von Mohammed sprechen. Halten wir fest: Jesus spielt im Koran als Vorläufer Mohammeds und Bringer des Evangeliums für Christen eine große Rolle.
Gott ließ Jesus mit einem besonderen Schöpfungswort geboren werden: „Es sei!". Damit brauchte er keinen Vater. Gleich nach seiner Geburt konnte er sprechen und sagte schon als Säugling über sich selbst: „Ich bin ein Diener Gottes. Er hat mir das Buch (des Evangeliums) gegeben, mich zum Propheten gemacht und mir Segen verliehen, wo ich auch sein werde. Er befahl mir das Gebet und die Armenhilfe" (Sure 5,110).

So gehört Jesus als der selbst „Rechtgeleitete“, der diese Rechtleitung als Evangelium predigte, in die Reihe von Adam, Noah, Abraham, Joseph, Mose, David und Mohammed. Aber Jesus steht als Mensch mit allen Propheten bewusst auf der Seite der Geschöpfe. Denn man darf Gott niemandem und nichts beigesellen, schließlich ist Er der Größte.
In der theologischen Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen, ist ein strittiger Punkt, dass die Christen faktisch die Einzigartigkeit Gottes durch die Sohnschaft Jesu in eine Zweiheit aufspalten würden. Deshalb heißt es auch, dass das ursprüngliche Evangelium, also das Neue Testament durch die Tradition verfälscht wurde. Daraus folgt konkret:
  • Jesus wurde nicht gekreuzigt, sein Verschwinden bleibt letztlich ein Geheimnis
  • An Jesu Stelle wurde jemand, der ihm ähnelte gekreuzigt (Simon von Kyrene?)
  • Jesus ist nicht gestorben, sondern Gott hat ihn in den Himmel erhöht (Himmelfahrt).
  • Am Ende der Zeiten wird Jesus zur Erde zurückkehren und gegen den falschen Messias kämpfen
  • Jesus wird die Christen ermahnen, Muslime zu werden (im originalen Sinn des Wortes = Hingabe an den einen Gott).
  • Erst nach dem letzten Kampf wird Jesus sterben und in Medina begraben werden.
  • Bei der allgemeinen Totenerweckung wird Jesus auferstehen, beim Jüngsten Gericht präsent sein und Mohammed als den Propheten nach ihm bezeugen
 Reinhard Kirste
Relpäd/Jesus-christl-islamisch, 21.09.09, bearbeitet 20.07.14   


Mittwoch, 9. Juli 2014

1. Petrus 3,15-16+21 - Auf-Geklärter Glaube (Predigtskizze)

1. Die Hoffnung des christlichen Glaubens
Davon redet der 1. Petrusbrief. Aber haben wir noch diese Hoffnung? Haben wir uns nicht alle irgendwie in unserer Kirchlichkeit eingerichtet?
Wir müssen auf die Anfrage aus dem 1. Petrusbrief bekennen, dass wir meistens weder unseren eigenen Glauben noch den Grund unserer Hoffnung wirklich klar, als geklärt, und für andere ermutigend aussagen können.
Die Abbröckelungstendenz vom organisierten Christentum wirkt sich immer mehr aus. Viele basteln sich ihre eigene Religion zusammen. Nicht die großen Austrittswellen aus der Kirche sind derzeit das Problem, sondern der schleichende Verfall.

2.  Ursachen unserer Sprachlosigkeit
Zwar wird im Blick auf 2017 kirchlicherseits sehr viel wieder von Reformation geredet. Wir haben sogar eine Reformationsdekade. Aber hat sich in unserer Kirche, in unseren Gemeinden wirklich viel in den letzten jahren verändert?
  • Die Reformation liegt wie ein Gedenkstein zur stillen Betrachtung da, ohne dass wirkliche Impulse davon ausgingen.
  • Wir lieben unsere Rituale, sind an unsere Gottesdienste gewöhnt und oft genug irritiert, wenn Neues daherkommt.
  • Die Bibelkenntnis hat nicht nur bei jungen Leuten, sondern bei vielen Älteren ziemlich niedrige Werte ode rgeht gar gegen Null!.
  • Die Ursache liegt zu einem Teil sicher auch in unserer Unaufgeklärtheit. Denn Aufklärung über die Zusammenhänge der Bibel bedeutet auch, von liebgewordenen Vorstellungen Abschied nehmen zu müssen und zugleich neue Zugänge zum Wort Gottes zu gewinnen. Die historisch-kritische Forschung setzt manchem frommen Denkmuster ein Ende. Manche fürchten geradezu, die Theologie könnte den Glauben kaputt machen, faktisch ist jedoch das Gegenteil der Fall.

3. Der auf-geklärte Glaube
Wir brauchen für uns selbst und für die Menschen, denen wir das Evangelium bringen wollen, einen aufgeklärten Glauben. Es geht nicht darum, zu hohen Fest- und Feiertagen, den Glauben ein bisschen aufzupolieren, vielmehr gilt es das, worauf wir hoffen, deutlich und überzeugend zur Sprache zu bringen.
Um es mit dem Petrusbrief zu sagen: Der Glaube will ins Licht. Noch deutlicher wir müssen sagen, was sich in unserem Leben geändert hat, weil wir an die Auferstehung Jesu und an den Geist von Pfingsten glauben. Und hier sind wir bei der Reformation. Aufgeklärter Glaube ist sozusagen erleuchteter Glaube - beschienen vom Licht der göttlichen Zuwendung und eingebettet in eine Haltung intellektueller Redlichkeit. Aufgeklärter Glaube muss sich nicht selbst rechtfertigen, sondern ist von Gott her gerechtfertigt (Doppelbdeutung beachten!).

4. Reformation: Aktualisierter Glaube
Ein solch geklärter Glaube lässt sich nämlich nur schwer manipulieren, sondern die so Glaubenden übersetzten das damals ergangene Wort in die heutige Existenz. Sie nehmen ernst, dass sich Gott unter menschlichen Bedingungen sehen lässt in Jesus von Nazareth. Das ist ein geschichtlicher Ausdruck von Gottes Menschlichkeit. Denn Jesu Menschlichkeit ist das Zeichen dafür, dass Gott uns nahe ist. Ein solcher Glaube ist von Freiheit geprägt.
So könnte Reformation heute bedeuten, dass wir um der Tragfähigkeit unserer Hoffnung willen, unseren Glauben so reformieren, dass er sich sprachmächtig, erleuchtend und existenzverändernd erweist.

5. Die Taufkirche Luthers in Eisleben
Dafür gibt es ein schönes Beispiel. In Luthers Taufkirche St. Petri und Pauli in Eisleben hat man das Zentrum Taufe eingerichtet. Die schöne gotische Kirche hat vor dem Altar einen Taufbrunnen bekommen. Die Wellenbewegung des dort sprudelnden klaren Wassers setzt sich auf dem Fußboden mit weiterlaufenden Kreisen fort. Die Taufe wird so zu einem sichtbaren und lebendigen Symbol des Neubeginns, wenn der Täufling "auf-geklärt" wieder aus dem Wasser steigt. Der Petrusbrief nennt das den "Bund eines guten Gewissens".

6.  Auf-geklärter Glaube ist unbequemer Glaube
Er ist es deshalb, weil einem das Denken nicht abgenommen wird und weil statt der Rezitation vergegenwärtigende Interpretation gefordert ist. Das kann durchaus ärgerlich sein. Beginnen wir also mit der Aufklärung unseres eigenen Glaubens. Dazu gehört erstens, dass wir ein genaues Gespür für die Differenzen und auch Widesprüchlichkeiten in den biblischen Texten  lernen. Dazu gehört zweitens zu fragen, welche Zielrichtung die biblischen Verfasser uns vorgegeben haben. Mit einem einfachen Bekenntnis zu Jesus Christus, zur Dreieinigkeit oder zur Liebe Gottes ist es nicht getan. Und drittens will der Glaube in die Tat umgesetzt werden, also durch Tun sichtbar und geklärt werden.

7. Den Glauben tun
Das heißt, der aufgeklärte Glaube weiß sich gerechtfertigt, befreit zu neuem Handeln. Wir lieben unsere Rituale, sind an unsere Gottesdienste gewöhnt und oft genug irritiert, wenn Neues daherkommt.
Auf das wewsntliche hin befreiter Glaube aber nimmt Stellung, er ist Partei, bewusst und kompetent.
  • bei der Frage nach dem Sinn des Lebens
  • beim friedfertigen Kampf gegen Ausbeutung, Diskrimierung, Verfolgung, Ausländerfeindlichkeit. (aktuell auch: Die Festungsmentalität europäischer Flüchtlingspolitik)
  • Der befreite udn geklärte Glaube, in Luthers Worten der von Gerechtfertigte, wie Luther sagen würde, geht gegen die Unfreiheit vor und stellt das Unrecht ins Licht (der Öffentlichkeit).
  • Dazu nimmt sich der aufgeklärte Glaube auch Zeit und hört genau zu.
  • Der aufgeklärt-gerechtfertigte Glaube weiß, dass vom himmlischen Frieden nur geredet werden kann, wenn das Engagement für den irdischen Frieden da ist. Jesus Christus macht uns deutlich, dass es das Göttliche nicht ohne das Menschliche gibt!
Das rechte Tun ist das Ergebnis, dass unsere Hoffnung auf einen Gott  gründet, der das Leben liebt und mit Jesus Christus die Humanität, die Menschlichkeit jeglicher Herrschaft eingefordert hat. Da haben die Hierachien keine, aber die Herrschaft der Menschlickeit, also auch die Demokratie als Herrschaft des Volkes, große Chancen. Wie schön, dass die Kirche inzwischen einigermaßen gelernt hat, dass die Demokratie etwas mit der Menschlichkeit Gottes zu tun hat.





Donnerstag, 3. Juli 2014

Ein Brief aus dem Norden des Irak, Juli 2014: Zur Situation der Christen

Prof. Dr. Leonard Swidler, Philadelphia (USA) hat einen Brief weitergeleitet, der von den Dominikanerinnen der Hl. Katharina von Siena stammt, die im Irak leben: Ein beunruhigendes Zeugnis der sich verschärfenden Lage und der Brutalität der verfeindeten Gruppen. Die ISIS Truppen (hier: ISIL) machen selbst dann vor Kirchen nicht Halt, wenn die islamischen Autoritäten vor Ort sich für die Christen einsetzen.:
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Dear Sisters, Brothers, and Friends,
 
Thank you for your emails, calls and for keeping us and all the Iraqis in your prayers. You have been probably hearing different things about the situation in Iraq. It is a huge chaos and there is a lot of violence almost all over the country.  
  
Few days ago, the ISIL occupy the headquarters of the Archdiocese of Chaldean Catholics in Mosul, which is on the left side of the city. They threw away in the garbage outside the archbishopric all the portraits of Jesus and Saints, Crosses, and all consecrated items of the church. The Mullah of Ahmed Ismail mosque near the archbishopric went there to stop them and he asked a gunman to leave the place and not destroy its contents because of the places’ sanctity, but they answered him that there will be no churches nor archbishopric in an Islamic state and they put the Islamic state flag on the archbishopric.

The ISIL have been also occupying the homes that are empty in Mosul. Many people left their homes when the violence started in Mosul last month and not everyone was able to return.  Our sisters who were living in Mosul have been unable to return in the recent weeks to our convent in Mosul because of safety issues.

There are no news about the Chaldean sisters and the three orphans (two girls and one a boy) who were kidnapped four days ago. The day after they were kidnapped there were some communication. But since yesterday, July 1st, there has been nothing and people who were communicating with us from ISIL have closed their phones.

The situation in Iraq is very worrisome. We don’t know what to expect and people are afraid and very worried of this present situation. It is really hard to imagine how sad and angry people are in this place. In Karakush- Bakhdida, the ordeal has not completely passed yet. There are rebels on one side of the town beyond the borders and the Kurdish army on the opposite side. The rebels are using some people’s farms and barns that belong to Christian families from Karakush as a base for them.
Also, the electricity and water supplies are still very limited, which makes life so difficult in this weather. Therefore, many people are planning to leave the country which is sad.
 
Thanks again for your prayers and please continue praying for us that peace may prevail in this land and please pray in special way for the increase of faith in these days of troubles.
 
Dominican Sisters of Saint Catherine of Siena – Iraq July 2, 2014