English version:
In the horizon of historicity - to understand "sacred" texts as a verbal event>>> scroll down
In meinem Beitrag "Verstehen als Wortgeschehen" geht es um die hermeneutische Verantwortung beim Umgang mit "heiligen Texten", die mindestens teilweise den Anspruch erheben, Gottes geoffenbartes Wort an den Menschen zu sein.
In the horizon of historicity - to understand "sacred" texts as a verbal event>>> scroll down
In meinem Beitrag "Verstehen als Wortgeschehen" geht es um die hermeneutische Verantwortung beim Umgang mit "heiligen Texten", die mindestens teilweise den Anspruch erheben, Gottes geoffenbartes Wort an den Menschen zu sein.
Er erschien unter dem Titel Verstehen als Wortgeschehen,
in: Denken und Sprache. Jahrbuch des Denkens.
Zeitschrift der deutschen Kultur, 3. Jg., Nr. 03 (2019), S. 103-112
In diesem Artikel wird zuerst darauf verwiesen, dass Worte immer in Beziehung stehen im Sinne von Wort und Antwort unter Menschen oder auf die Begegnung mit Texten. Es handelt sich also um ein Wort-Geschehen unter geschichtlichen Bedingungen. Von daher muss gefragt werden, inwiefern heilige Schriften (in verschiedenen religiösen Traditionen) als Gottes Wort verstanden werden können.
Unübersehbar ist dabei die Kluft zwischen damaligem Text und heutigem Wort, eine Störung, die mit der Hermeneutik als "Über-Setzung" überwunden werden soll. Hermeneutik zeigt sich damit als unverzichtbare methodische und didaktische Arbeit, denn sie führt vom Erklären (z.B. in der Exegese) zum Verstehen. Nur so wird das damalige Wort zum Geschehen als An-Spruch, Entsprechung und Zuspruch.
in: Denken und Sprache. Jahrbuch des Denkens.
Zeitschrift der deutschen Kultur, 3. Jg., Nr. 03 (2019), S. 103-112
In diesem Artikel wird zuerst darauf verwiesen, dass Worte immer in Beziehung stehen im Sinne von Wort und Antwort unter Menschen oder auf die Begegnung mit Texten. Es handelt sich also um ein Wort-Geschehen unter geschichtlichen Bedingungen. Von daher muss gefragt werden, inwiefern heilige Schriften (in verschiedenen religiösen Traditionen) als Gottes Wort verstanden werden können.
Unübersehbar ist dabei die Kluft zwischen damaligem Text und heutigem Wort, eine Störung, die mit der Hermeneutik als "Über-Setzung" überwunden werden soll. Hermeneutik zeigt sich damit als unverzichtbare methodische und didaktische Arbeit, denn sie führt vom Erklären (z.B. in der Exegese) zum Verstehen. Nur so wird das damalige Wort zum Geschehen als An-Spruch, Entsprechung und Zuspruch.
Inhaltliche Schwerpunktsetzung:
Der Prolog des Johannesevangeliums „Im Anfang war das Wort – und Gott war das Wort“ bietet offensichtlich verschiedene Verstehensmöglichkeiten, also auch Missverstehen. Letzteres entsteht, wenn die „Unbedingtheit“ dieses Wortes nicht mehr erkannt und anerkannt wird. Nun sind auch damalig-wesentliche Worte in die Geschichtlichkeit ihrer Zeit eingebunden. Darum muss umso mehr herausgearbeitet werden, dass das göttliche Wort mehr ist als bloße Information, sondern als Anspruch hörbar wird. Diesem An-Spruch zu entsprechen kann jedoch nur menschlich geschehen und wird glaubwürdig nur durch Mitmenschlichkeit. Denn was wäre das für ein Gott, der inhumane Züge trägt? Weil aber die alten „heiligen“ Texte nicht direkt in die Gegenwart übertragen werden können, ist eine kritische Exegese und eine Methodologie nötig, die ein heutiges Verstehen des damaligen Wortes in seinem unbedingten Anspruch offen legt.
Als hermeneutische Schlüsselentscheidung ist dabei die Aussage
des 1. Johannesbriefes zu sehen: „Gott ist Liebe“.
Als hermeneutische Schlüsselentscheidung ist dabei die Aussage
des 1. Johannesbriefes zu sehen: „Gott ist Liebe“.
Aus den Schlussüberlegungen (S. 111f):
"Für die Bibel im Sinne eines >heiligen< und zugleich historisch-kritisch zu untersuchenden Textes stellt sich darum immer wieder neu die Frage, inwiefern diese Bibeltexte bestimmende Wirklichkeit für den Einzelnen sein können. Offensichtlich geht das nicht so, dass ich bestimmte Worte der Bibel ohne Berücksichtigung der Zeitumstände und ihrer historischen Einbettung direkt auf meine Situation übertrage. Vielmehr muss das offensichtlich so geschehen, dass in sorgfältiger historisch-kritischer Interpretation im Horizont mit dem im Text zum Worte kommenden Anspruch meine Antwort konkret darauf erfolgen muss. Dazu gehört nicht selten ein weit gehendes Nicht-Begreifen. Wo aber Verstehen, wenn auch nur in vorsichtigen Ansätzen geschieht, erwachsen Konsequenzen in meinem Verhalten, nämlich wie ich diesem Anspruch mit-menschlich entspreche. Aber der Zugriff auf Göttliches bleibt versagt. Die Bewegung läuft in die andere Richtung:
"Für die Bibel im Sinne eines >heiligen< und zugleich historisch-kritisch zu untersuchenden Textes stellt sich darum immer wieder neu die Frage, inwiefern diese Bibeltexte bestimmende Wirklichkeit für den Einzelnen sein können. Offensichtlich geht das nicht so, dass ich bestimmte Worte der Bibel ohne Berücksichtigung der Zeitumstände und ihrer historischen Einbettung direkt auf meine Situation übertrage. Vielmehr muss das offensichtlich so geschehen, dass in sorgfältiger historisch-kritischer Interpretation im Horizont mit dem im Text zum Worte kommenden Anspruch meine Antwort konkret darauf erfolgen muss. Dazu gehört nicht selten ein weit gehendes Nicht-Begreifen. Wo aber Verstehen, wenn auch nur in vorsichtigen Ansätzen geschieht, erwachsen Konsequenzen in meinem Verhalten, nämlich wie ich diesem Anspruch mit-menschlich entspreche. Aber der Zugriff auf Göttliches bleibt versagt. Die Bewegung läuft in die andere Richtung:
>Er [= das menschgewordene Wort] kam in sein
Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber [dennoch]
aufnahmen, denen gab er Macht Gottes Söhne und Töchter zu werden, nämlich
denjenigen, die an seinen Namen glauben< (Johannes 1,11-12).
Und aus menschlich betroffener Perspektive erwächst die Ermutigung: >Und das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen, dass Gott Licht ist und dass in ihm keine Finsternis ist< (1 Joh 1,5).
Wie diese Erleuchtung der Söhne und Töchter konkret aussieht, beschreibt der 1. Johannesbrief als eine ent-sprechende Reaktion auf den An-Spruch des Wortes Gottes. Sie schließt allerdings totales Fehlverhalten nicht aus: >Wer da sagt, er sei im Licht und hasst seinen Bruder, der ist noch in der Finsternis.< Erleuchtung als Entsprechung auf Gottes Anspruch heißt dann aber: >Wer seinen Bruder liebt, der bleibt im Licht, und ist kein Ärgernis an ihm< (1. Joh 2,9–10)."
Und aus menschlich betroffener Perspektive erwächst die Ermutigung: >Und das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkündigen, dass Gott Licht ist und dass in ihm keine Finsternis ist< (1 Joh 1,5).
Wie diese Erleuchtung der Söhne und Töchter konkret aussieht, beschreibt der 1. Johannesbrief als eine ent-sprechende Reaktion auf den An-Spruch des Wortes Gottes. Sie schließt allerdings totales Fehlverhalten nicht aus: >Wer da sagt, er sei im Licht und hasst seinen Bruder, der ist noch in der Finsternis.< Erleuchtung als Entsprechung auf Gottes Anspruch heißt dann aber: >Wer seinen Bruder liebt, der bleibt im Licht, und ist kein Ärgernis an ihm< (1. Joh 2,9–10)."
Ausblick: Über die Bibel hinaus
Was hier im Zusammenhang biblischer Texte gesagt wurde, muss sich im Grunde auf alle Texte übertragen lassen, denen ein bestimmter Anspruch innewohnt. Insofern können alle Worte – auch in verschriftlicher Form – die Existenz erhellenden Charakter haben, durchaus in die Nähe göttlichen Offenbarungsworts gerückt oder gar als ein solches angesehen werden. [1] Das geht jedoch nicht ohne methodische, das heißt hermeneutische Sorgfalt. Die Wahrheit des Wortes als göttliches Wort aber entfaltet sich also nicht in seiner Niederschrift, sondern in seiner Wirkung. Es ist Wortgeschehen in der Weise, bei dem Worte nicht leer bleiben, sondern kraftvolle, menschenfreundliche Wirkungen aus sich entlassen.
Das ist ganz im Sinne des Propheten Jesaja: Das göttliche Wort kommt nicht leer zurück, sondern wird (mit-)menschlich gefüllt, realisiert und bewahrheitet:
„Denn in Freuden werdet ihr ausziehen und in Frieden geleitet werden"
(Jesaja 55,14).<<
Was hier im Zusammenhang biblischer Texte gesagt wurde, muss sich im Grunde auf alle Texte übertragen lassen, denen ein bestimmter Anspruch innewohnt. Insofern können alle Worte – auch in verschriftlicher Form – die Existenz erhellenden Charakter haben, durchaus in die Nähe göttlichen Offenbarungsworts gerückt oder gar als ein solches angesehen werden. [1] Das geht jedoch nicht ohne methodische, das heißt hermeneutische Sorgfalt. Die Wahrheit des Wortes als göttliches Wort aber entfaltet sich also nicht in seiner Niederschrift, sondern in seiner Wirkung. Es ist Wortgeschehen in der Weise, bei dem Worte nicht leer bleiben, sondern kraftvolle, menschenfreundliche Wirkungen aus sich entlassen.
Das ist ganz im Sinne des Propheten Jesaja: Das göttliche Wort kommt nicht leer zurück, sondern wird (mit-)menschlich gefüllt, realisiert und bewahrheitet:
„Denn in Freuden werdet ihr ausziehen und in Frieden geleitet werden"
(Jesaja 55,14).<<
[1] Vgl. meinen Beitrag
Entwicklungslinien der Bibelauslegung – Chancen für ein sachgemäßes Koranverständnis?
In: Udo Tworuschka (Hg.): Gottes ist der Orient, Gottes ist der Okzident.
Festschrift für Abdoldjavad Falaturi zum 65. Geburtstag.
Kölner Veröffentlichungen zur Religionsgeschichte, Bd. 21. Köln u.a.: Böhlau 1991, S. 363-395
In my article "Understanding as a Word Event" I deal on the hermeneutic responsibility in the horizon of "sacred texts", which at least partially claim to be God's revealed word to the people.
It appeared in German under the title Verstehen als Wortgeschehen,
in: Denken und Sprache. Jahrbuch des Denkens.
Zeitschrift der deutschen Kultur, 3. Jg., Nr. 03 (2019), S. 103-112
This article first points out that words are always related in terms of word and answer among people or when we are reading or hearing texts texts. It is therefore a word event under historical conditions. In consequence we have to ask to what extent holy scriptures (in different religious traditions) can be understood as the Word of God.
It is impossible to overlook the gap between the former text of and today's words, a disturbance that should be overcome with hermeneutics as a "trans-lation". Hermeneutics thus shows itself to be an indispensable methodical and didactic work, because it leads from explanation (for example in the exegesis) to an actual understanding. This is the only way the word of those days becomes an appeal, correspondence and encouragement.
Content's focus:
The prologue in the Gospel of St. John "In the beginning was the Word - and God was the Word" obviously offers various possibilities of understanding, including misunderstanding. Misunderstanding arises when the "absoluteness" of this word is no longer recognized and accepted. But also-essential words are involved in the historicity of their time. Therefore it has to be worked out all the more that the divine word is more than mere information, but is heard as a challenge. However, to react to this claim can only be in a human and credible manner through compassion. What a god would this be who has inhumane traits? But because the old "holy" texts can not be transferred directly into the present, a critical exegesis and a methodology is needed, which reveals a present-day's understanding of the former word in its unconditional claim.
As a hermeneutic key decision can be seen the statement of the first letter of John: "God is love".
From the final considerations (p. 111f):
"There arises the question - considerung the Bible as a >sacred< text to what extent these biblical texts can be determining reality for the individual. That must also be examined historically. Obviously, this is not so, that I transfer certain words of the Bible directly to my situation without taking into account the time-shared circumstances and their historical embedding. This has to happen in fact obviously in such a way that in careful historical-critical interpretation in the horizon of the challenge heard from the text, my answer must be concrete. This often involves a largely non-comprehension. But where understanding occurs, even if only with cautious approaches, consequences arise in my behavior, namely how I correspond to this claim with humanity. But access to the divine remains denied. The movement runs in the other direction:
>He [= the Incarnate Word] entered his own realm, and his own would not receive him. But to all who did receicve him, to those who have yielded him their allegiance, he gave the right to become children of God< (John 1: 11-12). And from a humanly affected perspective, the encouragement arises: >Here is the message we heard from him and pass on to you: that God is light, and in him there is no darkness at all< (1 John 1: 5).
How this enlightenment of the sons and daughters looks concretely is described in the first letter of John as an appropriate response to the word of God. However, it does not hinder total misconduct: >A man may say, 'I am in the light; but if he hates his brother, he is still in the dark<. Enlightenment as a correspondence to God's claim; that means: >Only the man who loves his brothers dwell in light: there is nothing to make him stumble< (1 John 2: 9-10).
Outlook: Beyond the Bible
What has been said here in the context of biblical texts, must basically be transferred to all texts that have a specific claim. In this respect, all words - even in a written form - can have an illuminating existence, and indeed be brought into the proximity of divine revelatory words, or can even regarded as such. This won't work without methodical hermeneutic care. But the truth of the word as a divine word does not unfold in its written form, but in its effect. It is a verbal event in which words do not remain empty, but release powerful, philanthropic effects. This can be understood in the spirit of the prophet Isaiah: the divine word does not come back empty, but is filled with realized and verified humanity: >For in joy you will go forth and be led peacefully< (Isaiah 55:14).
Entwicklungslinien der Bibelauslegung – Chancen für ein sachgemäßes Koranverständnis?
In: Udo Tworuschka (Hg.): Gottes ist der Orient, Gottes ist der Okzident.
Festschrift für Abdoldjavad Falaturi zum 65. Geburtstag.
Kölner Veröffentlichungen zur Religionsgeschichte, Bd. 21. Köln u.a.: Böhlau 1991, S. 363-395
English version:
In the horizon of historicity
- to understand "sacred" texts as verbal events
It appeared in German under the title Verstehen als Wortgeschehen,
in: Denken und Sprache. Jahrbuch des Denkens.
Zeitschrift der deutschen Kultur, 3. Jg., Nr. 03 (2019), S. 103-112
This article first points out that words are always related in terms of word and answer among people or when we are reading or hearing texts texts. It is therefore a word event under historical conditions. In consequence we have to ask to what extent holy scriptures (in different religious traditions) can be understood as the Word of God.
It is impossible to overlook the gap between the former text of and today's words, a disturbance that should be overcome with hermeneutics as a "trans-lation". Hermeneutics thus shows itself to be an indispensable methodical and didactic work, because it leads from explanation (for example in the exegesis) to an actual understanding. This is the only way the word of those days becomes an appeal, correspondence and encouragement.
Content's focus:
The prologue in the Gospel of St. John "In the beginning was the Word - and God was the Word" obviously offers various possibilities of understanding, including misunderstanding. Misunderstanding arises when the "absoluteness" of this word is no longer recognized and accepted. But also-essential words are involved in the historicity of their time. Therefore it has to be worked out all the more that the divine word is more than mere information, but is heard as a challenge. However, to react to this claim can only be in a human and credible manner through compassion. What a god would this be who has inhumane traits? But because the old "holy" texts can not be transferred directly into the present, a critical exegesis and a methodology is needed, which reveals a present-day's understanding of the former word in its unconditional claim.
As a hermeneutic key decision can be seen the statement of the first letter of John: "God is love".
From the final considerations (p. 111f):
"There arises the question - considerung the Bible as a >sacred< text to what extent these biblical texts can be determining reality for the individual. That must also be examined historically. Obviously, this is not so, that I transfer certain words of the Bible directly to my situation without taking into account the time-shared circumstances and their historical embedding. This has to happen in fact obviously in such a way that in careful historical-critical interpretation in the horizon of the challenge heard from the text, my answer must be concrete. This often involves a largely non-comprehension. But where understanding occurs, even if only with cautious approaches, consequences arise in my behavior, namely how I correspond to this claim with humanity. But access to the divine remains denied. The movement runs in the other direction:
>He [= the Incarnate Word] entered his own realm, and his own would not receive him. But to all who did receicve him, to those who have yielded him their allegiance, he gave the right to become children of God< (John 1: 11-12). And from a humanly affected perspective, the encouragement arises: >Here is the message we heard from him and pass on to you: that God is light, and in him there is no darkness at all< (1 John 1: 5).
How this enlightenment of the sons and daughters looks concretely is described in the first letter of John as an appropriate response to the word of God. However, it does not hinder total misconduct: >A man may say, 'I am in the light; but if he hates his brother, he is still in the dark<. Enlightenment as a correspondence to God's claim; that means: >Only the man who loves his brothers dwell in light: there is nothing to make him stumble< (1 John 2: 9-10).
Outlook: Beyond the Bible
What has been said here in the context of biblical texts, must basically be transferred to all texts that have a specific claim. In this respect, all words - even in a written form - can have an illuminating existence, and indeed be brought into the proximity of divine revelatory words, or can even regarded as such. This won't work without methodical hermeneutic care. But the truth of the word as a divine word does not unfold in its written form, but in its effect. It is a verbal event in which words do not remain empty, but release powerful, philanthropic effects. This can be understood in the spirit of the prophet Isaiah: the divine word does not come back empty, but is filled with realized and verified humanity: >For in joy you will go forth and be led peacefully< (Isaiah 55:14).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen