Sonntag, 20. Dezember 2015

Menschenbild in der Bibel --- bei Martin Luther und im Islam – eine christliche Sicht



I.  Menschenbild in der Bibel – wenig niedriger als Gott
II.  Menschenbild bei Martin Luther
Fleisch und Geist / Gesetz und Evangelium – totus homo
III.  Menschenbild im Islam – Der Mensch Statthalter und Diener
      auf der Erde –christliche Zugänge


Menschlichkeit – Humanité
Das ist ein Gefühl des Wohlwollens für alle Menschen, das nur in einer großen empfindsamen Seele aufflammt. Diese edle und erhabene Begeisterung kümmert sich um die Leiden der anderen und um das Bedürfnis, sie zu lindern; sie möchte die ganze Welt durcheilen, um die Sklaverei, den Aberglauben, das Laster und das Unglück abzuschaffen.
Sie verbirgt vor uns die Schwächen der Mitmenschen oder verhindert dadurch, diese Schwächen zu fühlen, macht uns aber unerbittlich gegenüber Verbrechen. Sie entreißt dem Bösewicht die Waffe, die dem guten Menschen zum Unheil werden könnte. Sie verführt uns nicht, uns von besonderen Pflichten zu befreien, sondern macht uns - im Gegenteil - zu besseren Freunden, besseren Eheleuten, besseren Staatsbürgern.
Es macht ihr Freude, die Wohltätigkeit auf alle Wesen auszudehnen, die die Natur neben uns gestellt hat. Ich habe diese Tugend, eine Quelle so vieler anderer Tugenden, zwar in vielen Köpfen bemerkt, aber nur in wenigen Herzen.“
Denis Diderot (1713–1784) Encyclopédie: Artikel  Humanité, 8. Band, 1766


              Das menschliche Herz als "göttliches Gesicht"

Gott achtet wahrhaftig nicht auf eure äußeren Formen (und Riten), sondern allein auf eure Herzen – sie sind die eigentlichen „göttlichen Gesichter“ eines jeden von euch. Das sind jene [Gesichter], die in euch Gott enthalten, auch wenn Himmel und Erde ihn nicht fassen können.

Abd el-Kader: Écrits spirituels. Sagesses 72. Paris. Seuil 1982, S. 109 (eig. Übers.)


Menschenwürde
Der Menschheit Würde ist in eure Hand gegeben,
Bewahret sie!
Sie sinkt mit euch! Mit euch wird sie sich heben!
Der Dichtung heilige Magie
Dient einem weisen Weltenplane,
Still lenke sie zum Oceane
Der großen Harmonie!
Aus: Friedrich Schiller: Die Künstler

 


Resümee
In der Bibel wird der Mensch in Gottes Schöpfung besonders hervorgehoben: Er ist wenig niedriger als sein Schöpfer. Martin Luther vertieft diesen Gedanken, indem er betont, dass der Mensch sein Leben nicht durch sich allein meistern kann. Um dieses umfassende Menschenbild geht es auch im Islam. Aus christlicher Sicht lässt sich darum gut nachvollziehen, dass sich der Mensch als Gottes Diener in Seinem Auftrag um die Bewahrung von Gottes Welt bemühen muss. Hier kommen unterschiedliche Menschenbilder ins Spiel, deren Differenz und Nähe dialogische Möglichkeiten vertiefen. 



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